Eine politische Biographie von Yukio Mishima

08.03.2024

Das betreffende Werk des japanischen Regisseurs Kōji Wakamatsu (1936-2012), '11.25 Jiketsu no Hi: Mishima Yukio to Wakamonotachi" (frei übersetzt: "11.25 The Day Yukio Mishima Made a Living") ist so etwas wie ein 'Zwilling' zu 'United Red Army', der 2008 von demselben Filmemacher gedreht wurde. Dieser Film ist übrigens im Vergleich zu '11.25' ein 'umfangreicherer' Film und ich werde ihn daher in einem separaten und ausführlicheren Artikel besprechen.

Der Yukio Mishima gewidmete Film konzentriert sich in erster Linie auf die politischen Dilemmata, die den japanischen Schriftsteller zu einem gescheiterten Putsch und rituellen Selbstmord führten. Darin unterscheidet sich der Film von Kōji Wakamatsu (im Bild) von Paul Schraders bekannterem Drama Mishima: Ein Leben in vier Kapiteln (1985). Der Yankee-Regisseur legte mehr Wert auf Yukio Mishimas künstlerische Reflexion, während Kōji Wakamatsu, der sich politisch links engagiert, die politischen Motive des Autors von Sonne und Stahl analysierte.

In '11.25' versammelt Yukio Mishima konservative Studenten aus der Liga der japanischen Studenten um sich, die entschlossen sind, sich der wachsenden Zenkyōtō-Rebellion gewaltsam entgegenzustellen. Er ernennt aus ihrer Mitte die Tatenokai, die an der Seite der japanischen Selbstverteidigungskräfte agieren, um die linken Unruhen zu unterdrücken.

Die bewaffnete Aktion der Jieitai soll die Revision des neunten Artikels der japanischen Verfassung von 1946 legitimieren, in dem das Land der aufgehenden Sonne den Verzicht auf das Recht erklärt, Krieg zu führen und eine Armee zu haben. Yukio Mishima wollte daher einen Militärputsch, der das Kaiserreich Japan als vollwertiges Subjekt der Weltpolitik, die Jieitai als echte Armee und den Kaiser als heilige Figur wiederherstellen sollte.

Der Film von Kōji Wakamatsu zeigt uns, wie sich Yukio Mishima selbst auf den Putsch vorbereitet - indem er die Grundausbildung der japanischen Selbstverteidigungskräfte durchläuft; wie sich die Shield Association darauf vorbereitet - indem sie auf dem Übungsplatz übt, sich aber vor allem geistig formt; auch durch kendō-Training; und wie sich schließlich die Tatenokai anlässlich mehrerer Vorfälle versammelt, an denen die Neue Linke beteiligt ist, in Erwartung der begehrten Rede der Jieitai. Die linken Unruhen werden jedoch jedes Mal von speziellen Polizeieinheiten (Kidō-tai) ohne die Hilfe der Armee niedergeschlagen.

Yukio Mishima wird in dem Film getreu als Konservativer dargestellt: Als die Chancen für einen Militärputsch sukzessive verloren gehen, sehen wir seine wachsende Verzweiflung: wie er sieht, wie sich Japan einerseits in einen Polizeistaat verwandelt und andererseits das Militär zu bloßen Beamten und Funktionären des demoliberalen Regimes wird.

Symptomatisch ist die Szene, in der der Autor von 'Yūkoku' den Offizier, der für die Verbindung der Armee mit der Miliz zuständig ist, auffordert, dass die Armee auf eigene Faust gegen die Studentenproteste vorgehen solle, da die Regierung nicht bereit sei, Soldaten gegen sie zu schicken. Der Offizier entgegnet, dass das Prinzip der zivilen Souveränität über die Armee derzeit vorherrscht und er nicht die Absicht hat, es zu brechen. Daraufhin wirft Yukio Mishima ihm mit Tränen in den Augen vor, kein echter Offizier mehr zu sein, sondern ein bloßer Bürokrat.

Eine andere Szene bezieht sich auf die berühmte Debatte vom 13. Mai 1969 an der Universität von Tokio zwischen Yukio Mishima und Teilnehmern der Zenkyōtō-Bewegung (Bild, hierunten). In der Debatte weigert sich der Autor von Bekenntnisse einer Maske letztlich, die Studentenrebellion zu unterstützen, aber er ist mit den Teilnehmern in seiner Abneigung gegen das demoliberal-kapitalistische Establishment einig.

Auch zwischen Yukio Mishima und den Zenkyōtō-Teilnehmern gab es einen tieferen Faden der Verständigung, dessen sich beide Parteien bewusst waren. Der japanische Schriftsteller erklärte "Unterstützung für Gewalt - ob von rechts oder von links". Die Studenten waren vom Existenzialismus fasziniert und lasen die Werke des Philosophen Takaaki Yoshimoto (1924-2012) (Bild, hierunten). Sie erklärten, dass sie 'um des Kämpfens willen' kämpften, um 'sich selbst zu finden' und eine 'Selbsttransformation' vorzunehmen. Yukio Mishima warf ihnen vor, nicht bereit zu sein, im Kampf zu sterben.

Der Autor von Das Meer der Fruchtbarkeit unterschied sich auch in seiner Haltung zum Kaiser von den Insassen des Yasuda-Auditoriums: für die Anhänger der Neuen Linken bedeutete er nichts, für den Autor von Yūkoku war er die Personifizierung des metaphysischen Prinzips der Ordnung und der historischen Identität Japans. Überraschenderweise verstanden die in dem Raum, in dem die Debatte stattfand, versammelten Studenten jedoch Yukio Mishimas Position in diesem Punkt, oder zumindest hat Kōji Wakamatsu sie in seinem Film so dargestellt.

Der Regisseur von '25.11' ist für sein ideologisches Engagement auf der Seite der Neuen Linken bekannt. Allerdings ist dieses Engagement eher unkonventionell, denn in der bereits erwähnten 'United Red Army' zeigt Kōji Wakamatsu vor allem souveränistische Themen in der Zenkyōtō-Rebellion, die mit dem Widerstand gegen den amerikanisch-japanischen Sicherheitsvertrag von 1960 (Anpo tōsō) zusammenhängt. Andererseits scheint sich der Regisseur von United Red Army in der Nachfolge des trotzkistischen Denkers Kan'ichi Kuroda (1927-2006), vor allem aber des bereits erwähnten Takaaki Yoshimoto, vom ideologischen Fanatismus zugunsten einer Art Humanismus und Existenzialismus zu distanzieren.

Takaaki Yoshimoto entwickelte eine Philosophie von so radikalem Individualismus, dass selbst die Zenkyōtō-Teilnehmer, die ihn als ihren "Propheten" betrachteten, beschuldigt wurden, dem "Gemeinschaftswahn" (kyōdō gensō) zu erliegen. Kan'ichi Kuroda hingegen ist als Autor des Konzepts des humanistischen "materialistischen Subjektivismus" bekannt, den er dem stalinistischen Mechanismus und dem staatsorientierten Bürokratismus gegenüberstellte.

Japanische Interpreten, die in ihre Fußstapfen treten, werfen den Zenkyōtō-Schülern manchmal vor, dass trotz ihres ideologischen Antifaschismus dieselben Impulse, die den Radikalismus der jungen Militaristen und Nationalisten zwischen 1920 und 1930 angetrieben hatten, in ihrem revolutionären Temperament und ihrer Liebe zur Gewalt zum Ausdruck kamen. Vielleicht liegt hierin die Antwort auf die Frage nach der vielleicht ungewollten gegenseitigen Abstammung zwischen Yukio Mishima und den Teilnehmern an Zenkyōtō: Sie wären durch eine ähnliche 'Bluttemperatur' verbunden, ein zähes Verlangen, die Welt der lebensbegrenzenden Formen im 'dunklen Strom des Blutes und des Schicksals' zu ertränken.

Kōji Wakamatsu war ein Non-Establishment-Regisseur und Nonkonformist. Er drehte vor allem unverschämte Low-Budget-Filme, in denen er nach skandalösen sexuellen Anspielungen und radikal-revolutionären Inhalten für ein bürgerliches Publikum suchte. Seine Filme waren daher sowohl inhaltlich als auch formal revolutionär. Er griff gnadenlos die nationalen Mythen Japans an, aber auch die Mythen der linken revolutionären Bewegung.

Auch '25.11' ist eine Low-Budget-Produktion mit allen Konsequenzen. Obwohl das Setdesign, die Kostüme und die Schauspielerei professioneller sind als in "Die Vereinigte Rote Armee", haben wir immer noch das Gefühl, es mit einem Amateurfilm zu tun zu haben, der in einer halbseidenen Industrie hergestellt wurde. Diese Form hat jedoch auch ihre positiven Seiten, denn sie schärft und verfeinert die künstlerischen Ausdrucksmittel - unvergleichlich weniger als in dem symbolträchtigen Werk von Paul Schrader, denn während letzterer in erster Linie an der künstlerischen Selbstdarstellung des Protagonisten interessiert ist, ist der Film von Kōji Wakamatsu politisch.

Die handwerkliche Produktionsweise belastet '25.11' jedoch auch mit offensichtlichen Unzulänglichkeiten. Der historische Yukio Mishima unterzog sich einem strengen Regime körperlicher Übungen und war ein perfekt gebauter Athlet. In Kōji Wakamatsus Film wird er von einem völlig unsympathischen Tatenokai-Anführer, dem dürren Arata Iura, gespielt.

Der Schauspieler lässt sich auch auf riskante Interpretationen der von ihm gespielten Figur ein: Sein Yukio Mishima gibt sich den Emotionen hin, die ihn antreiben, verzieht sein Gesicht vor Schmerz oder hält die Tränen zurück. Er läuft in seiner Wohnung in traditioneller japanischer Tracht herum. Der historische Yukio Mishima hingegen war ein harter Mann mit einem eher groben Äußeren und gleichzeitig ziemlich okzidentalisiert: Er kleidete sich wie ein Yankee und sein Haus hatte keinen japanischen Akzent. In dieser Fehldarstellung von Yukio Mishima - wie auch in der Betonung von Anpo tōsō - zeigt sich jedoch die bereits erwähnte 'identitäre' (oder sogar nationalistische) Färbung von Kōji Wakamatsus Neuer Linker Ausrichtung.

Unklar ist auch die Frage nach der Treue der historischen Details der Besetzung des Büros des Kommandanten des Jieitai-Stützpunkts in Tokio durch Yukio Mishimas Gruppe selbst. In einigen Beschreibungen des 'Zwischenfalls von Ichigaya' (und in P. Schraders Film) gibt es Informationen über einen erfolglosen Versuch der Soldaten der Einheit, in das Büro einzubrechen und den Garnisonskommandanten zu befreien, der von Mitgliedern der Tatenokai gefangen gehalten wurde. Die entsprechende Szene findet sich jedoch nicht in Kōji Wakamatsus Film. Stattdessen erfahren wir in '25.11' viele bisher unbekannte Fakten über die Dynamik der Funktionsweise und den faktischen Zerfall der Tatenokai, die Beziehung zwischen Yukio Mishima und seinen engsten politischen Genossen und Anhängern, die Beziehung zwischen der Tatenokai und der Jieitai und so weiter.

Der Film zeichnet ein Bild von Yukio Mishima, der de facto ein Idealist ist, der unter Illusionen lebt. Der Anführer der Tatenokai verliert, weil er alles auf die Jieitai gesetzt hat und sich einbildet, dass die japanischen Selbstverteidigungskräfte nicht viel mehr sind als eine uniformierte Bürokratie und ein Unternehmen von demoliberalen Beamten. Fasziniert von der Shinpūren-Rebellion der Samurai im Jahr 1876, war er zwar frei von ähnlichen Illusionen gegenüber Hirohito, aber Tatsache ist, dass sich die traditionellen Institutionen, auf deren Haltung er für den Erfolg seiner Absichten angewiesen war, als völlig inhaltsleer erwiesen, die er in ihnen wiederzubeleben hoffte. Yukio Mishima entpuppt sich in Kōji Wakamatsus Film als eine Art Schlafwandler, was aber vielleicht die Schwäche allen ideologischen Konservatismus ist.

Im Gegensatz zu dem bekannten Mishima: Ein Leben in vier Kapiteln ist das Werk von Kōji Wakamatsu im Westen nahezu unbekannt. Meiner Meinung nach zu Unrecht, denn es ist eine hervorragende Ergänzung zu P. Schraders Werk: der Yankee-Film zeigt uns die Ideen des Künstlers Yukio Mishima, während der japanische Film die Ideen des politischen Aktivisten Yukio Mishima zeigt. Wer sich für das Phänomen des Autors von 'Yūkoku' interessiert, muss sich beide Werke ansehen.

Ronald Lasecki

Titel: '11.25 Jiketsu no Hi: Mishima Yukio zu Wakamonotachi"
Unter der Regie von: Kōji Wakamatsu
Darsteller: Arata Iura, Shinnosuke Mitsushima, Shinobu Terajima u.a.
Jahr der Produktion: 2012
Land der Produktion: Japan

Unterstützung der Förderung der Identitätskultur: https://zrzutka.pl/xh3jz5

Quelle

Übersetzung von Robert Steuckers