Ankara und Tel Aviv teilen Syrien und bereiten sich auf einen Krieg vor
Erdogan und Netanjahu werden wahrscheinlich nicht aneinander geraten. Im Gegenteil, die beiden werden weiter miteinander Geschäfte machen. Über und unter der Ladentheke, wie schon im vergangenen Jahr: Von Ankara aus donnerte Erdogan gegen den Schlächter von Tel Aviv, schwor, dass er alle Geschäftsbeziehungen mit israelischen Verbrechern abbrechen werde. Und dann verkaufte er weiterhin alles, was Netanjahu brauchte, um das Massaker in Gaza fortzusetzen.
Das taten auch die arabischen Länder und der Iran: Geschäft ist Geschäft, und das ist wichtiger als Tausende von ermordeten palästinensischen Kindern.
Nun werden sich die Türkei und Israel auch Syrien teilen. Tel Aviv zur Prävention und Sicherheit gegen die Hisbollah oder die Dschihadisten, die Damaskus besetzt haben. Ankara zur Vorbeugung und Sicherheit gegen die Kurden. Kurz gesagt, sie tun dies nicht aus kolonialen Gründen, sondern nur zur Selbstverteidigung. Nur italienische Politiker glauben das oder geben vor, es zu glauben. Minus quam.
Aber die Türkei und Israel haben Ziele, echte Ziele, die die beiden Länder in einen endgültigen Konflikt führen werden. Netanjahu war noch nicht fertig damit, die Beseitigung von Assad zu feiern, als er schon damit begann, die Notwendigkeit zu argumentieren, den Kurden bei der Schaffung eines unabhängigen Staates in Syrien zu helfen. Dies geschah absichtlich, um Ankara zu bedrohen und die Errichtung von Großisrael zu begünstigen.
Auf der anderen Seite ist es sicherlich nichts Neues, dass Erdogan davon träumt, das Osmanische Reich wiederherzustellen. Er will sich Syrien einverleiben, aber auch seine Kontrolle über Libyen ausweiten und eine führende Rolle in Zentralasien übernehmen. Dort übt er bereits Einfluss auf Aserbaidschan aus.
Ihre jeweiligen Ziele werden also kollidieren. Mit schwer vorhersehbaren Folgen. Denn Israel, das von Washington militärisch unterstützt wird, ist nicht Mitglied der NATO. Die Türkei aber schon. Folglich müsste bei der ersten Rakete, die aus Tel Aviv abgefeuert wird, oder beim ersten Schlag, wie die pro-israelische Tg5 die Bombardierungen gegen die Palästinenser nennt, die gesamte NATO-Front gegen Israel intervenieren.
Allein der Gedanke daran ist schon lächerlich. Und Erdogan, der auch versucht, gute Beziehungen zu Moskau aufrechtzuerhalten, weiß das sehr wohl. Und wenn die Russen ihre Stützpunkte in Syrien behalten, kann die Türkei sie nutzen.
Diese Kriegsdrohung im Mittelmeerraum lässt die italienische Politik natürlich völlig gleichgültig. Die Zeiten von Craxi und der Rolle Italiens als Friedensstifter im Mittelmeerraum sind vorbei.
Übersetzung von Robert Steuckers