Der Russische Moment

17.12.2016

Die Ereignisse der letzten Monate als vorteilhaft für Russlands geopolitische Ziele zu bezeichnen, wäre eine glatte Untertreibung. Tatsächlich war es nicht mehr und nicht weniger als der erfolgreichste Monat den die Regierung Putin bis jetzt erlebt hat.

In einer der fantastischsten Wendungen siegte der Einzelgänger Donald Trump in den us-amerikanischen Präsidentschaftswahlen über Hillary Clinton. Dieses Ereignis signalisiert einen Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik weg von der Rolle der „Weltpolizei“ hin zu einer mehr in sich gekehrten, pragmatisch auf Eigeninteressen ausgerichteten Weltsicht, eine Sicht mit der Russland ohne Probleme auskommen kann, da sie in der außenpolitischen Schule des Relaismus verankert ist. Zusätzlich haben sowohl Bulgarien als auch Moldavien beide Präsidenten gewählt, welche gegenüber Moskau wohl kaum feindlich eingestellt sind. Er vor kurzem ereignete sich der Sturz der Regierung Renzi in Italien, welchen man dieser Liste erfreulicher Ereignisse hinzufügen kann sowie die Nominierung von Francois Fillon zum Präsidentschaftskandidaten der UMP in Frankreich. Langsam aber sicher bricht die Vereinbarung hinter den provokativen Saktionen gegen Russland, welche zuerst von Deutschland und Großbritannien angeführt wurden, zusammen.

Darüber hinaus gab es sogar noch bessere Nachrichten. Die Verhandlungen mit der OPEC scheinen zu einem Weg aus aus dem Ölpreistief geführt haben. Sogar neoliberale Nachrichtenkanäle scheinen sich in der Akzeptanzphase der Trauer zu befinden was die verlorene Sache des Putsches in Syrien angeht. Es scheint so, als ob der 3 Weltkrieg verhindert worden wäre.

Die Wichtigkeit der zuvor erwähnten Ereignisse zu bemerken ist einfach genug, aber aus ihnen einen Vorteil zu schlagen etwas anderes. Seit dem Ende des Kalten Krieges wurde Russlands Rolle in Frage gestellt. Es ist unklar wie sein Selbstbild aussieht und welchen Kurs es einnimmt und was genau dazu geführt hat, dass fremde Agenten, welche für Sabotogae und fremden Einfluss zuständig waren, in den 1990ern rausgeschmissen wurden. Seit diesem Zeitpunkt hat Russland unter der Führung Vladimir Putins sich als ein regionaler Akteur verhalten, der seine Souveränität sicherstellt. Aus diesem Grund hat es in Georgen, auf der Krim und in der Tat auch in Syrien interveniert. All diese Interventionen waren integral für die russische Sicherheit in der Region oder der Idee der Verteidigung ethnischer Russen, welche in den postsowjetischen Grenzen gefangen sind.

Obwohl manche dies als Akte der „Provokation“ bezeichnen, hat sich die Russische Föderation niemals in die Angelegenheiten anderer souveräner Staaten eingemischt, wenn sie nicht durch fremde Einmischungen, welche den Status quo in Frage stellten, dazu gezwungen wurde. Im Namen Russlands wurde kein Irakkrieg geführt. Das hat sich als sehr vorteilhaft für die Verbesserung des Ansehen Russlands erwiesen, bis hin zu dem Punkt, wo plötzlich der dominante Narrativ jener wurde, dass Putin versucht hat den Frieden zu bewahren, während das US State Department nach Krieg geschrien hat und die Fakten dies belegen.
Aber es wird nicht genug nur als ein Land ohne bösartige Absichten gesehen zu werden. Das alleine wird nur internationale Indifferenz sicherstellen.

Im letzten Jahrhundert konnte Russland internationale Unterstützung für seine Ziele durch ideologische Mittel sicherstellen, die aktive Verbreitung des kommunistischen Programms und den Export der Revolution in andere Länder auf der Welt. Man nahm an, dass Russlands Zweck dabei die Befreiung des Proletariats von der kapitalistischen Unterdrückung war. Die weltanschaulichen Illusionen dieser Zeit sind seither verschwunden, ihre Grundlage haben sich als unbrauchbar erwiesen. Russland kann nicht länger über die Ideologie definiert werden, weil die Verbreitung einer Ideologie im Ausland nur die Ablehnung in jenen Menschen fördert, welche der ihrem Charakter fremden Idee ablehnend gegenüberstehen. Aus diesem Grund ist die Ablehnung gegenüber ihm etwa in einigen Ländern Osteuropas noch immer sehr groß.

Anstattdessen sollte Russland seine ideologischen Betrachtungen um ein Ziel herum organisieren: Die Zerstörung des Liberalismus.

Der Grund daüfr, dass dies der einzige Zweck Russlands sein kann, ist klar. Der Liberalismus führt notwendigerweise zur Zerstörung des russischen Menschen, genauso wie er zur Zerstörung des deutschen, französischen, schwedischen Mannes usw. geführt hat. Der Liberalismus kann niemals in Frieden mit Russland koexistieren, solange er nicht sicherstellt, dass die Russen auf den selben Pfad geführt werden, wie die vorher genannnten Völker. Diese Völker leiden nicht nur an verschiedenen sozialen Problemen, werden weich und schwach sowie tolerant gegenüber den miesesten Elementen ihrer Gesellschaft, bringen diese sogar in die höchsten Ebenen ihrer Gesellschaft hinauf.

Der Liberalismus wird niemals damit zufrieden sein, Russland einfach „einzugrenzen“, sein Ziel ist es das Land zu „ändern“ was natürlich Desintegration des russischen Territoriums und die Erniedrigung seiner Führungsschicht zu Vasallen bedeutet. Solange der Liberalismus existiert, wird er eine existenzielle Bedrohung für Russland sein, was in früheren Zeiten durch die zaristische Antwort an das Revolutionäre Frankreich anerkannt wurde.

Wenn Russland ein Gegenpunkt zum Liberalismus ist, hat es die Ressourcen und das Selbstbewusstsein, seine Identität im vollsten Sinne wieder anzunehmen. Dann sind wir am Rande des „Russischen Momentes“ und damit meine ich eine Epoche, in welcher Russland dramatisch den Lauf der Geschichte verändert.

Europa hat die Spitze der Krise erreicht, an der zumindest einige Vertreter der einheimischen Völker merken, dass sie langsam bei lebendigem Leib gekocht werden durch ungewollten demographischen Wandel, sekulare Vereinzelung, Kontrolle der Firmen und Korruption in den Eliten. Sie wollen raus aus der Achterbahn, aber im Moment können sie die Kräfte des Establishments dazu zwingen stillzuhalten, wie wir erst jüngst bei den Wahlen in Österreich sehen konnten.

Bestimmte Kommentatoren waren wild darauf festzustellen, dass der „populistische Frühling ein Ergebnis der Rezension von 2008 ist und sich abmildern wird. Doch verstehen diese Träumer nicht die Ängste, welche der Unterstützung für Kandidaten wie Marine Le Pen und Matteo Salvini zu Grunde liegen, da sie im komplexeren Themengebiet der Identität, nicht in der Wirtschaft verwurzelt sind.

Die Unterstützung dieser traditionellen Identitäten ist von vitalem Interesse für Russland, genauso wie es der Widerstand gegen künstliche Identitäten ist.

Die Antwort warum diese Identitäten von Russland profitieren liegt in ihrer von Geburt an verwurzelten Ablehnung des Liberalismus. Wenn der Liberalismus eine existenzielle Bedrohung für Russlands darstellt, dann folgt daraus logisch, dass Russland illiberale Staaten an seinen Grenzen vorziehen würden, die eher Weißrussland als Kanada entsprechen. Es wurde mehrmals festgestellt, dass alleine der leiseste Verdachte einer neo-kolonialen Agenda solche Öffentlicharbeitsprojekte zum Scheitern verdammen würde. Und alleine deswegen ist der Westen so bestrebt darin, eine Invasion Polens heraufzubeschwören, die sich niemals ereignen wird. Wenn Moskau anstatt dessen als Freund im Kampf um die eigene Identität gesehen wird, der Verwurzelung und etwas mit einem höheren Wert als dem bloß Materiellen, dann wird es mit Sicherheit gewinnen, wenn die Verzweiflung in Europa größer wird als der Komfort es zur Zeit ist.

Die Etablierung eines natürlichen Phänomens, der Achse Moskau-Berlin-Paris, basierend auf Souveränität, Identität, einem realistischen Kontinentalismus und traditionellen christlichen Werten (ich sage traditionell um sie von der bürgerlichen Pseudochristenheit zu unterscheiden.) würde Russland mit der notwendigen Sicherheit ausstatten, aber auch zugleich wäre all dies möglich ohne die Übel der Besatzung und ohne die nukleare Abschreckung.

Alles was die Europäer dazu tun müssten, wäre den Atlantismus und die sogenannten „westlichen“ Werte alleine aus Verzweiflung abzulehnen.
Natürlich können wir uns nicht alleine auf diese Argumentation verlassen, um positive Resultate zu erreichen. Diese Art des Argumentierens wurde von den besten Köpfen in den letzten 300 Jahren ausprobiert und scheiterte. Es ist die Verzweiflung, welche die Ankunft tugendhafter Männer möglich machen wird, welche gemeinsame Sache mit einem verjüngten Russland machen werden. Und die Entropie der gegenwärtigen Dynamiken, welche in der westlichen Gesellschaft präsent sind, wird so eine Verzweiflung in der nahen Zukunft ermöglichen.

Wenn wir also darüber nachdenken, was der Russische Moment wirklich bedeutet, müssen wir danach fragen, bis zu welchem Grad und in welcher Form Russland zum Modell für eine bestimmte Perspektive werden kann, mehr als für einen bestimmten Gesellschaftstyp oder im Sinne einer politischen/ökonomischen Ideologie.

Die internen Probleme des russischen Staates machen nur das erste möglich. Sogar wenn man die Arbeit aggressiver Fremdmächte und Nichtregierungsorganisationen außer acht lässt, gibt es große Probleme in der russischen Gesellschaft. Von den Abtreibungsraten hin zu den Bagatelldelikten, den Problemen mit der Infrastruktur bis hin zur einseitig ausgerichteten Wirtschaft.

Leute die mit verklärtem Blick auf diese Dinge sehen werden nicht nur enttäuscht, sondern werden auch jenes Element Russlands verpassen, welches man am ehesten auf Europa übertragen kann und das ist der Ausblick.

Ein Ausblick der im selbstverständlichen Feiern der eigenen Geschichte beruht und besser noch eine Vorstellung des Fortschrittes, welche nicht notwendigerweise an Reichtümer, Toleranz und Freiheit oder „Das Ende der Geschichte“ gebunden ist, aber an die heroische Schönheit der griechisch-römischen Zivilisation und der asketischen Reinheit der christlichen Lehre.

Diese Dinge kann jeder Europäer mit klarem Auge sehen, sobald er sich den Dreck Kant und Rousseaus von den Augen gewaschen hat.
Durch nicht mehr und nicht weniger als die kalte Realität von politischen Pädophilenringen, endlosem Terrorismus, dem Zusammebruch der Familie, und der Zerstörung der Kultur.

Der Russische Moment hängt davon ab, ob er zu einem klaren Modell für diesen Ausblick werden kann. Zur Zeit ist er erfolgreich und die Ereignisse um den Erball bereiten den Weg für eine reiche und großzügige Ernte, welche damit zusammenhängt, dass man sich an der vordersten Front des globalen Paradigmenwechsels befindet. Ob es diesen Weg fortsetzen wird, hängt alleine von seiner Führung ab oder noch viel wichtiger, von den Menschen, welche dabei mithelfen dieses Narrativ, die Richtung und das Verhalten dieser Führerschaft zu prägen.

Schaut man in die Geschichte, so ist es für Nachbarn zwingend einander zu verstehen, aber das Problem mit dem gegenwärtigen West/Ost Konflikt ist nicht einfach eine Trennung entlang ethnischer, religiöser oder politischer Grenzen, gar noch das Weltanschauung. Es ist eine Trennung der Perspektive, welche nicht von Brücken oder Verträgen überwunden werden kann. Russland kann den Westen nicht verstehen und der Westen ganz bestimmt nicht Russland.

Sie haben sich in den letzten 300 Jahren entscheidend auseinander gelebt und das liegt daran, dass der Westen sich selbst berloren hat, seine Grundlagen in den Völkern verlor die ihn schufen, indem er sie durch Ideologien ersetzt hat, eines nach dem anderen, blasse Schatten des mittelalterlichen Christentums und des Römischen Reiches. Wenn es also irgendeine Form des Friedens zwischen dem schon lange leidenden russischen Volk und seinen westlichen Gegenstücken geben soll, dann muss diese Kluft im Ausblick geschlossen werden. Und das kann man nur dadurch schaffen, dass man den „Modernen Westen“ und den Modernismus an sich als existierende Paradigmen ad acta legt. Mit dem wahren Europa, dem Europa des Land und nicht des Meeres, muss Russland gegenseitigen Respekt, Freundschaft und gemeinsame Interessen finden. Mit dem falschen Europa und den ideologischen Überzeugungen welche ihm zu Grunde liegen, nämlich dem Liberalismus, ist Russland gezwungen einen endlosen und gnadenlosen Krieg zu führen.