Die “Nebenfront” im Krieg um Palästina und die Folgen Krieg im Roten Meer
Angriff auf eine Ader des Welthandels
Das Rote Meer ist mit dem Suezkanal einer der wirtschaftlichen Dreh- und Angelpunkte des Welthandels. Mehr als 15% des Welthandels verlaufen durch dieses geographische Nadelöhr. Umso größer der Schock im Westen, als beginnend mit dem 19. November 2023 Kämpfer der Bewegung Ansar-Allah (Anhänger Gottes), im Westen auch als Huthis bekannt, damit begannen die Schiffe Israels und der mit ihm verbündeten westlichen Staaten zu beschießen. Der Grund dafür: Israels Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser und die Bedrohung der Al-Aqsa Moschee in Jerusalem durch das zionistische Regime. Während andere muslimische Staaten aus Angst vor der Samson-Option nicht handeln, schauen die Jemeniten dem Tod ins Angesicht. Die Schiiten, sie gehören der zaiditischen Strömung innerhalb der Schia an, gelten als enge Verbündete des Irans. Zuvor haben sie Saudi Arabien und dem Westen in einem von 2015 bis 2022 andauernden Vernichtungskrieg erfolgreich die Stirn geboten, der zu einer der schlimmsten Hungersnöte auf der Welt geführt hat. Heute kämpfen sie nun praktisch gegen den gesamten Westen auf einmal – und das mit Erfolg.
Krieg im Roten Meer – eine Antwort auf Israels Vernichtungskrieg in Palästina
Große westliche Redereien wie die dänische Maersk, die französische CMA CGM und der Ölkonzern BP begannen daraufhin damit, den Suezkanal zu meiden und ihren Verkehr über das Kap der Guten Hoffnung abzuwickeln. Alleine die Versicherungskosten für Schiffe die den israelischen Hafen Eilat ansteuerten stiegen um 250%. Auch der globale Ölkonsum stieg in Folge der Angriffe massiv, da sich die Handelswege mit der Route um das Kap der Guten Hoffnung massiv verlängerten. Während lange Zeit alleine die Gefahr durch die Angriffe der Huthis auf Grund zu laufen den Westen die Route durch den Suezkanal meiden ließ, trat am 28.02.2024 das Unvermeidliche ein: Mit dem Tanker Rubymar wurde zum ersten Mal ein Schiff versenkt, 21.000 metrische Tonnen Düngemittel sanken auf den Grund des Roten Meeres. Auch eine Militärmission unter der Führung der USA konnte dieser Bedrohung nicht Herr werden – damit wächst der Einfluss des Irans in der Region massiv an, aber auch jener von Ansar-Allah, die nunmehr als eine der mächtigsten islamischen Widerstandsgruppen gelten. Ihr Schlachtruf lautet: „Amerika verrecke! Israel verrecke! Verflucht seien die Juden! Sieg dem Islam!“. Dementsprechend lehnen die Gottesanhänger – sie praktizieren einen eigentümlichen islamischen Stammessozialismus der sich sowohl vom Hollywoodislamismus des IS als auch vom revolutionären Islam des Irans unterscheidet - Verhandlungsangebote des Westens ab, nachdem die Bidenregierung den Krieg gegen Ansar-Allah den Donald Trump begonnen hatte, wieder fortführte und die hungerleidenden Jemeniten im Norden des Landes abermals mit Sanktionen überzog. Im Jänner diesen Jahres ließ Biden die Gruppe zur „besonders bezeichneten globale Terroristen“ erklären.
Die NATO – ein Militärbündnis auf Wish bestellt
Doch während eine US-Trägergruppe Israel vor Drohnen und Marschflugkörpern aus dem Norden des Jemen schützt, werden die Flotten der NATO regelmäßig zu Zielen jemenitischer Waffen. Hier wird auch die mangelnde Kriegstauglichkeit des Nordatlantikpakts offensichtlich: Eine dänische Frigatte erlitt eine Fehlfunktion im Kampf gegen die Drohnen der Huthis, zwei US-Marines starben beim Versuch eine iranische Waffenlieferung an die Gottesanhänger abzufangen. Diese Erfolge werden nicht zuletzt durch die Masse an abgefeuerten Drohnen und Raketen möglich.
Über das Rote Meer hinaus – bedrohen die Huthis bald auch den Indischen Ozean?
Doch diese bleiben davon unbeeindruckt: Die konservativen Revolutionäre drohen gar mit einer Ausweitung des Krieges: Neben dem Roten Meer wollen sie in Zukunft auch den Indischen Ozean und sogar das Kap der Guten Hoffnung bedrohen, welches vielen westlichen Reedereien als Ausweichziel nach dem blockierten Suezkanal dient. Doch wie kann eine muslimische Stammesmiliz dazu in der Lage sein, global zu agieren und den Kapitalismus ins Herz zu treffen? Hinter ihr steht der Iran, welcher nicht nur im Irak, dem Libanon und Palästina den Kampf gegen Liberalismus und Zionismus unterstützt, sondern auch im Jemen. Die politisch-religiösen Soldaten der Revolutionsgarden betreiben Revolutionsexport, indem sie Angehörige der Achse des Widerstands im Gebrauch modernster Drohnentechnik und Raketen ausbilden. Zahlreiche Drohnen – wie das Wa'id Modell, ähnlich der iranischen Shahed 136 (2500 km Reichweite) – und Marschflugkörper erlauben es Ansar-Allah nicht nur Israel, sondern auch die Schiffahrt am Horn von Afrika unter Beschuss zu nehmen.
Ansar Allah – über Nacht von einer kleinen Widerstandsgruppe zu einem der führenden Mitglieder der Achse des Widerstands
Dadurch wurden die Huthis quasi über Nacht zu einer der berühmtesten Widerstandsgruppen der islamischen Zivilisation, die dadurch auch im jemenitischen Bürgerkrieg zusätzliches Kapital gewinnen: Da der Kampf gegen Israel im muslimischen Raum enorm populär ist, strömten ihnen seit Dezember 2023 16.000 neue Rekruten zu. Diese könnten sie dazu verwenden, um die südliche Küstenlinie und den rohstoffreichen Osten des Landes zu erobern, hier sind große Öl- und Gasvorkommen, die noch von einer pro-westlichen Regierung kontrolliert werden. In ihrer Propaganda sprechen die jemenitischen Krieger von der Eroberung der Zaiditengebiete in Saudi Arabien oder sogar von der Einnahme der im Islam heiligen Städte Mekka und Medina. Mag dies im Moment noch Wunschdenken sein, sollten wir bedenken, dass die Übernahme des jemenitischen Staates für die Gruppe bis vor 10 Jahren auch noch denkunmöglich war. Das Phänomen Ansar-Allah wird uns also auch in Zukunft noch beschäftigen. Denn während die weitaus bekanntere Hisbollah versucht Macht über den libanesischen Staat auszuüben, versucht Ansar-Allah der jemenitische Staat zu sein.