Chinesische Position: Finnlands NATO-Mitgliedschaft untergräbt die europäische Sicherheit
Auch in China hat man Finnlands Weg zur NATO-Mitgliedschaft verfolgt, vielleicht sogar mit einiger Überraschung. Internationale chinesische Publikationen, wie die Global Times, haben Experten für die Außen- und Sicherheitspolitik der Volksrepublik um Kommentare gebeten.
Cui Heng, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Russische Studien an der East China Normal University, sagt in einem leicht sarkastischen Ton, dass "für Länder, die zwischen den Großmächten stehen, es eigentlich eine sehr rationale Entscheidung wäre, sich nicht für eine Seite zu entscheiden".
Das Finnland von Niinistö war jedoch nicht in der Lage, eine solch kluge Entscheidung zu treffen. Stattdessen wurde das seit langem geplante NATO-Projekt unter Hinweis auf den Konflikt in der Ukraine übereilt auf Eis gelegt. Aus Sicht der Koalitionsparteien hätte Finnland natürlich schon nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einen Antrag auf Mitgliedschaft in dem westlichen Militärbündnis stellen müssen.
Nach Ansicht chinesischer Experten drängt die Abkehr von der Neutralitätspolitik "Finnland nun in die vorderste Reihe gegen Russland und macht die Sicherheitslage in Europa noch instabiler".
Auch Professor Li Haidong vom Institut für Internationale Beziehungen an der Chinesischen Universität für Auswärtige Angelegenheiten glaubt, dass "Finnland seine Rolle als Brückenbauer zwischen Russland und Europa verloren hat". Seiner Meinung nach zeigt die Parteinahme für den Westen, dass es den finnischen Entscheidungsträgern an einer "strategischen Vision" mangelt.
"Russland hat die Pflicht, auf diese neuen Sorgen um seine nationale Sicherheit zu reagieren", so Cui. Welche Gegenmaßnahmen wird der Kreml also ergreifen, um seine eigene "taktische und strategische Sicherheit" zu gewährleisten?
Vor etwa einem Jahr warnte Dmitri Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates und ehemaliger russischer Präsident, unmissverständlich, dass Russland im Falle eines NATO-Beitritts Finnlands oder Schwedens Atomwaffen in der Nähe der baltischen Staaten und Skandinaviens stationieren würde, "und es wäre nicht mehr möglich, von einer atomwaffenfreien Ostseeregion zu sprechen".
Die militärische Konfrontation mit Russland wird sich mit der NATO-Erweiterung verschärfen, die nach Ansicht chinesischer Experten die Sicherheit "aller europäischen Länder" untergraben wird.
Auch die Aufrüstung wird sich beschleunigen: Da Finnland eine 1.300 km lange gemeinsame Grenze mit Russland hat, werden die finnischen Verteidigungskräfte als NATO-Land teurere Investitionen tätigen müssen. Finnlands Rolle in der NATO umfasst auch die Verteidigung der gesamten baltischen Region, da ein traumatisiertes Land wie Estland beispielsweise nicht über die Ressourcen verfügt, dies selbst zu tun.
Indem der NATO-Westen Raketen immer näher an Russland heranbringt, zwingt er Russland dazu, auf nukleare Abschreckung zu setzen. In der Tat hat Russland bereits zugestimmt, taktische Atomwaffen auf dem Boden seines Verbündeten Weißrussland zu stationieren.
Chinas Cui argumentiert, dass Russland auf die Schritte der NATO reagieren kann, "indem es zum einen seine Offensive auf den Schlachtfeldern der Ukraine intensiviert und zum anderen seine Atomwaffen weiter verstärkt".
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg versicherte seinerseits, dass die Mitgliedschaft Finnlands dem Land "eiserne Sicherheitsgarantien" geben würde. Was wird geschehen, wenn die Zeit gekommen ist? Und werden finnische Soldaten auch an US-Operationen im Südchinesischen Meer beteiligt sein, wenn sich die Lage dort aufheizt?
Übersetzung von Robert Steuckers: https://synergon-info.blogspot.com/2023/04/chinesische-position-finnlands-nato.html