Fluchtursache: Bevölkerung in Syrien leidet unter Sanktionen des Westens

16.05.2016

Die westlichen Sanktionen gegen Syrien haben sich verheerend auf die syrische Zivilbevölkerung ausgewirkt. Menschen mangelt es an Nahrung und Kleidung. Krankenhäuser sind zerstört oder funktionieren wegen des Mangels nicht mehr. Diese Sanktionen endlich aufzuheben, wäre die wichtigste Maßnahme, um die sogenannten Fluchtursachen zu bekämpfen.

Die Sanktionen des Westens gegen Syrien wirken sich vor allem verheerend auf die syrische Zivilbevölkerung aus. Bouthania Shaaban, politische Beraterin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, sagte im Interview mit dem australischen Sender ABC: „Das erste, was der Westen im Kampf gegen den Terrorismus tun muss, ist, die Sanktionen gegen das syrische Volk aufzuheben. Die Sanktionen helfen den Terroristen gegen das syrische Volk. Das syrische Volk leidet in doppelter Hinsicht, nämlich sowohl durch die westlichen Maßnahmen als auch durch die Terroristen.

Der kanadische Autor und Menschenrechtsaktivist Stephen Gowans schrieb vor kurzem über die US-Regierung, dass der Sturz der syrischen Regierung seit langem geplant war. Die Sanktionen seien ein Teil dieses Plans: „Dokumente, die vom US-Kongress bereits im Jahr 2005 erstellt wurden, ergeben, dass die US-Regierung einen Regime-Change in Syrien aktiv erwog (…). Als eine Alternative zur direkten Militärintervention, um die syrische Regierung zu stürzen, entschieden sich die USA dafür, Druck auf Damaskus durch Sanktionen auszuüben und die syrische Opposition im Inland zu unterstützen.“

Die Webseite „End The Sanctions on Syria“ berichtet: „Ähnliche Sanktionen gegen den Irak in den 1990er Jahren haben zum Tod von mehr als einer halben Million irakischer Kinder geführt.“

Die Seite berichtet weiter: „701 von 1.921 syrischen Gesundheitszentren wurden durch Terroranschläge komplett zerstört. Der Wiederaufbau dieser Zentren wurde durch die Sanktionen der EU und der USA verzögert. Die Sanktionen hatten ohnehin ,tiefe Spuren im Gesundheitssystem‘ hinterlassen (…) Das beinhaltet die Blockade des Zugangs zu Arzneimitteln, medizinischen Geräten und zum Verkehr und zur Kommunikation.“

The Lancet berichtet am 27. Mai 2015: „Die Kosten für Grundnahrungsmittel sind seit 2010 um das Sechsfache gestiegen, obwohl es Abweichungen in den einzelnen Regionen gibt. Mit Ausnahme von Arzneimitteln für Krebs und Diabetes, war Syrien vor dem Krieg  in Bezug auf die Medizinproduktion 95 Prozent autark. Dies ist praktisch wie alle Krankenhäuser und primären Gesundheitszentren zusammengebrochen.

Die wirtschaftlichen Sanktionen haben nicht zum Sturz des Präsidenten geführt: (…) Ausschließlich Zivilisten sind in der Schusslinie, wie sich am desolaten Zustand der Haushalts- und Makro-Volkswirtschaften erkennen lässt. Die Sanktionen gehören zu den Hauptursachen des Leids der Menschen im Syrien-Konflikt.“

Die Assad-Beraterin Shaaban übt zudem scharfe Kritik an den Widersprüchlichkeiten der westlichen Außenpolitik: „Die widersprüchlichen Aussagen aus dem Westen sind gelinde gesagt rätselhaft. Selbst wenn er (US-Außenminister John Kerry) sagt, dass die USA keinen Regimewechsel suchen, sagt die amerikanische UN-Botschafterin (Samantha Powers), das Präsident Assad gehen muss. Kerry gab eine Erklärung im Sicherheitsrat ab, wonach er sich mit Russland darauf geeinigt habe, dass das syrische Volk über sein Schicksal und seine Regierung entscheiden soll. Doch dann kommt Obama und sagt: ,Nein! Präsident Assad muss gehen‘.“

Von 2011 bis Mai 2014 haben Russland sowie China viermal Vetos gegen anti-syrische Resolutionen des UN-Sicherheitsrats eingelegt.

Shaaban: „Niemand spricht über die Granaten, die unsere Städte und Zivilisten treffen. Diese Raketen treffen unsere Schulen, unsere Krankenhäuser und Menschen auf der Straße. Sie zielen nicht auf die Armee. Viele Länder besitzen die Technologie, die diese Granaten und Raketen aufspüren und Menschenleben retten könnten.  Doch aufgrund der Sanktionen gegen Syrien wird uns niemand diese Technologie geben.“

Im Jahr 2011 verhängten die USA und die EU harte Sanktionen gegen Syrien. „Innerhalb eines Zeitraums von weniger als einem Jahr kulminierte diese Strategie dann allerdings in einer an Umfang und Vielfältigkeit kaum je dagewesenen Sanktionierung eines Landes“, berichtet die Bundeszentrale für politische Bildung (Bpb). Nahezu alle Bildungs-, Gesundheits- und sozialen Einrichtungen des Landes sind mittlerweile zerstört oder nicht mehr nutzbar. Die BpB berichtet, dass der Erfolg der Sanktionen ausgeblieben ist. Besonders fatal für die syrische Zivilbevölkerung soll der Umstand gewesen sein, dass viele der Sanktionssender „über die Sanktionen hinaus andere, militärische und/oder finanzielle Mittel“ einsetzten, um ihre Interessen in Syrien durchzusetzen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten (15.5.2016)