Leben retten durch Abschiebung
Innerhalb einer Woche versuchen über 11.000 Flüchtlinge von Libyen nach Italien zu kommen. Erst sterben dabei 400 Menschen und keinen interessiert es richtig. Bei einer weiteren Überfahrt über das Mittelmeer kommen dann bis zu 950 illegale Einwanderer ums Leben. Der Aufschrei ist groß, doch die vorgeschlagenen Maßnahmen würden nur zu einem noch größeren Ansturm aus Afrika führen.
Bis zu einer Million Menschen warten derzeit in Libyen auf eine passende Gelegenheit, um nach Europa zu gelangen. Manche davon sind Kriegsflüchtlinge, manche werden von Islamisten unterdrückt, die meisten jedoch erhoffen sich ein Leben im Wohlstand, das ihnen ihre Heimat nicht bieten kann.
Europa reagiert auf diesen Ansturm hilflos. Wahrscheinlich werden sich die Mitgliedsstaaten und die Europäische Union nach dem Massensterben in der letzten Woche darauf einigen, viel Geld für ein Programm zur Seenotrettung in die Hand zu nehmen. Das wird das Problem weiter verschärfen. Sowohl die Schleuserunternehmen als auch die Flüchtlinge wissen nämlich, daß es dann viel wahrscheinlicher ist, lebend in Europa anzukommen.
Der britische Afrika-Experte Paul Collier beschrieb das Ganze in einem ZEIT-Interview kürzlich so: „Wir drücken den Menschen den geladenen Revolver in die Hand und sagen: Komm, spiel Russisch Roulette.“ Collier schlägt schon seit längerem vor, jeden Flüchtling, der illegal über das Mittelmeer kommt, automatisch zurückzuschicken. Für Flüchtlinge, die sich vor religiöser oder politischer Verfolgung in Sicherheit bringen müssen, wünscht er sich Asylzentren in Afrika.
Dieser Vorschlag wird mittlerweile sogar vom deutschen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) unterstützt und wenn der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner davon spricht, „endlich legale Möglichkeiten der Einwanderung nach Europa“ zu schaffen, „um Menschen den oft tödlichen Seeweg zu ersparen“, meint er wahrscheinlich ähnliches.
Bei den EU-Außenministern ist derzeit die Einrichtung eines Asylzentrums im Niger im Gespräch. Eine Alternative dazu scheint es nicht zu geben, weil in allen anderen angrenzenden afrikanischen Ländern Terrorgruppen einen zu großen Einfluß haben. Das Zentrum im Niger ist damit von Vornherein zum Scheitern verurteilt, weil kein Afrikaner freiwillig dort einen Asylantrag stellen wird, solange die illegale Einreise nach Europa nicht mit einer sofortigen Abschiebung hart bestraft wird.
Konsequente Abschiebungen sind nämlich der eigentliche Schlüssel, um das Massensterben zu beenden. Nur wenn Schleuser und Flüchtlinge endlich begreifen, daß die Erfolgsaussichten auf Asyl gleich null sind, wenn man sich in Libyen in ein Boot setzt, werden weitere Flüchtlingskatastrophen ausbleiben.