Wird die Krisenzeit eine Revolte gegen die Machthaber auslösen?
In der britischen Zeitung Daily Telegraph warnt Sherelle Jacobs die Leser, dass wir in einem Sommer "vor dem Sturm" leben. Was meint die Journalistun damit? Ist dies ein weiterer Trick der Elite, um die Menschen auf die kommenden unsicheren Zeiten vorzubereiten?
Sherelle Jacobs weist darauf hin, dass "die Energiepreise auf ein noch nie dagewesenes Niveau steigen" und "wir uns einem der größten geopolitischen Erdbeben der letzten Jahrzehnte nähern". Die kommenden Umwälzungen werden "wahrscheinlich weitaus größer sein als die Erschütterungen, die auf die Finanzkrise 2008 folgten".
Die sich anbahnende Krise könnte sich als "noch katastrophaler als der Ölschock der 1970er Jahre" erweisen. Die Entwicklungsländer sind bereits betroffen, mit Stromausfällen von Kuba bis Südafrika. Sri Lanka ist nur eines von vielen Ländern mit niedrigem Einkommen, deren gegenwärtigen Unruhen sich anderswo wiederholen könnten.
"Aber der Westen kann dieser Apokalypse nicht entkommen", erklärt Sherelle Jacobs. In der Tat scheint der Westen in vielerlei Hinsicht im Zentrum dieses Chaos zu stehen - und das Vereinigte Königreich vielleicht am Nullpunkt.
In Europa und Amerika, so Sherelle Jacobs, bröckelt das "selbstgefällige System der technokratischen Eliten". Ihr Gründungsgedanke, der die glorreiche Verstrickung der Nationalstaaten in globale Regierungsführung und Lieferketten vorhersagte, ist zu einer Metapher für die Gefahren der Globalisierung geworden.
Trotz der Versuche, den Krieg in der Ukraine als schwarzen Schwan darzustellen, war der Anstieg der Rohstoffpreise in einer volatilen Welt schon vor Putins Sondereinsatz völlig vorhersehbar. Die Menschen fragen sich, warum ihre Führer nicht rechtzeitig Notfallpläne erstellt haben. Die Wirtschaftskrise war schon vor der Ära der Pandemie abzusehen.
Sherelle Jacobs glaubt, dass es keine andere Erklärung für dieses Fiasko gibt als "jahrzehntelange Fehlannahmen und politische Fehltritte der herrschenden Klasse". Ich persönlich sehe hier auch eine bewusste Planung, aber werden die wahren Schuldigen - die Milliardärsfamilien mit ihren Zentralbanken und alles besitzenden Investmentgesellschaften - zur Rechenschaft gezogen, oder werden ihre politischen Günstlinge wieder einmal geopfert?
Nach der Finanzkrise ist es den Regierenden kaum gelungen, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, sich der Spardisziplin zu unterwerfen und die Wähler davon zu überzeugen, dass 'alle' eine Mitschuld an der Krise tragen und dass daher alle zur Behebung des Unrechts beitragen müssen. Kann sich die Elite noch länger der Verantwortung entziehen?
Wie das alte Sprichwort sagt: "Der Kaiser hat keine Kleider". Diejenigen, die an der Macht sind, haben einfach keine glaubwürdige, aber dennoch beruhigende Botschaft mehr, die sie den normalen Bürgern im Angesicht des Unglücks übermitteln können. Die einzige Zukunftsvision, mit der sie aufwarten können, ist ein dystopisches Greenwashing-Programm der 'Kohlenstoffneutralität und Netto-Nullstellung', das die Sparpolitik und die Verzerrungen der globalen Wirtschaft auf eine ganz neue Ebene hebt.
Sich aktiv für spekulative grüne Blasen einzusetzen, erscheint in diesem Zusammenhang verrückt. Es ist jedoch ein völlig logisches Programm für eine realitätsfremde Elite, die in Notzeiten buchstäblich die Kastanien aus dem Feuer holen will. Egal, was Elokapinas Aktivisten denken, die Welt wird nicht durch finnische Klimaschutzmaßnahmen gerettet.
Es gibt mehrere Länder, in denen wir die ersten Anzeichen einer populistischen Revolte sehen könnten. Die Deutschen werden für die Interessen der USA eine nationale Demütigung und höhere Energierechnungen in Kauf nehmen müssen. Nur ein Liberaler, der blind an die Wunderbarkeit des Atlantismus glaubt, wird für kalte Duschen und eine antirussische Außen- und Sicherheitspolitik dankbar sein.
Einigen Analysten zufolge könnte Frankreich, dem Proteste und Umstürze nicht fremd sind, das erste Land in Europa sein, das trotz seiner umfangreichen Atomindustrie von Stromausfällen betroffen ist. Für Sherelle Jacobs hingegen könnten die Dinge in Großbritannien "wirklich in die Luft gehen", wobei das Vereinigte Königreich bei steigender Inflation zu einem Pulverfass wird.
Die Briten haben von ihrer Regierung noch weniger Unterstützung erhalten als die Einwohner anderer westlicher Länder. Die Senkung der Mineralölsteuer um fünf Pence dürfte die zweitgeringste in Europa sein. Inzwischen hat Spanien viele Zugfahrten bis zum Ende des Jahres kostenlos gemacht. Frankreich hat versprochen, den Energieriesen EDF zu verstaatlichen, den es bereits gezwungen hat, die Rechnungen der Verbraucher zu begrenzen. Selbst diese Maßnahmen werden wahrscheinlich nicht ausreichen.
"Die künftigen Preissteigerungen werden so groß sein, dass Millionen von Menschen ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können - darunter auch Rentner und Familien, die bisher zur Mittelschicht gehörten", warnt Jacobs.
Die vor uns liegende Notlage könnte ein Wendepunkt sein, aber das ist es, was diejenigen anstreben, die einen Neustart der Weltwirtschaft planen. Wir haben kaum begonnen zu verstehen, wie unvorhersehbar die nächsten Jahre sein werden - und wie schlecht Regierungen und Bürger auf die Konsequenzen vorbereitet sind.
"Frieren Sie im nächsten Winter für die Ukraine" und zahlen Sie den Preis für Demokratie und Freiheit, schlagen die nostalgischen sicherheitspolitischen Dilettanten in Finnland vor, die der westlichen Vorherrschaft nachtrauern. Mit anderen Worten: Machen Sie sich das Leben zur Freude der Großmachtpolitik und der Interessen der Finanzelite zur Hölle, denn Russland muss beseitigt werden. Die Russophobiker verkennen das Gesamtbild, in dem auch Putin seine Rolle beim Reset spielt.
"Wenn die Entwöhnung von Russland so schmerzhaft ist, wie wollen wir dann unsere Abhängigkeit von billigen chinesischen Waren beenden?", fragt Sherelle Jacobs, der die Botschaft des Establishments teilt. Sie vergisst zu erwähnen, dass die "Energieunabhängigkeit" Europas und Großbritanniens ebenfalls ein Witz ist, da die gleiche Energie immer noch über Zwischenhändler gekauft wird, allerdings zu einem höheren Preis.
Die Prognose klingt düster, aber Jacobs meint, dass wir uns vielleicht auf den "letzten Akt eines gescheiterten Wirtschaftssystems" eingelassen haben. Wieder einmal gibt es mehr Fragen als Antworten.
Wird sich bei diesem "Reset des Kapitalismus" etwas zum Besseren wenden? Digitales Zentralbankgeld ist auf dem Vormarsch. Wird die Krisenzeit zur gefürchteten Öko-Technodystopie führen oder zu einem neuen, menschlicheren Anfang?
Wird es den kapitalistischen Kreisen gelingen, den von ihnen selbst verursachten Zusammenbruch zu kontrollieren, oder wird die Geldmacht schließlich über ihre eigene Cleverness stolpern? Wird die Europäische Union auseinanderfallen, wenn mein Alptraum von einer "regelbasierten Ordnung" zu Ende geht? Werden wir NATO-Truppen brauchen, um die Bürger inmitten der Großen Depression in Schach zu halten?
Was wird geschehen, wenn die Menschen aufwachen und den Betrug der besitzenden Klasse erkennen? Wird der politische Nihilismus selbst bei den treuesten Wählern die Oberhand gewinnen? Wenigstens hat Sanna Marin noch Zeit, in den Restaurantnächten des Weltuntergangs zu feiern.
Übersetzung von Robert Steuckers