Jenseits vom Ende der Geschichte und dem Kampf der Kulturen
1991: Das bipolare System und damit die Spaltung Europas in einen liberalistischen Westen und einen kommunistischen Osten bricht zusammen. Mit dem Untergang des Kommunismus sieht sich der politische Westen und damit die USA kurz vor seinem weltweiten Triumph: Dies veranlasst Francis Fukuyama 1992 zur Formulierung seiner These vom “Ende der Geschichte”. Die Zukunft gehöre einer weltweiten Durchsetzung von westlicher Demokratie, Freier Marktwirtschaft, Menschenrechten, die schließlich zum Verschwinden aller Formen des Krieges und Konfliktes auf der Welt führen werde. Die kulturellen Unterschiede würden dem westlich-liberalen Gesellschaftsmodell weichen.
Doch angesichts der jugoslawischen Zerfallskriege, dem Irakkrieg und anderen eruptiv ausbrechenden Konflikten auf der ganzen Welt während der frühen 1990er Jahre, gerät dieser Optimismus immer mehr ins Wanken: Samuel P. Huntington bringt 1996 diesen Pessimismus über das unipolare Moment in den Internationalen Beziehungen schließlich in seiner Theorie über den “Zusammenprall der Zivilisationen”, auf Deutsch fälschlicherweise als “Kampf der Kulturen übersetzt”, zu Papier und kritisiert Fukuyamas These vom “Ende der Geschichte” aufs schärfste. Er sieht das Aufkommen neuer Akteure auf der Weltbühne, die sogenannten Zivilisationen, heraufdämmern, welche sich dem westlichen Dominanzanspruch und der Globalisierung entschieden entgegenstellen werden. Nicht die weltweite Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten stehen in den Augen Huntingtons bevor, sondern vielmehr sieht dieser, der realistischen Schule der Internationalen Beziehungen entstammende Autor, eine Welt der ethnischen Konflikte, fundamentalistischen Aufstände und Barbarei herandämmern. Zwar kritisiert er die doppelten Standards des westlichen Liberalismus, jedoch bleibt er diesem verbunden und sieht das Aufkommen der nichtwestlichen Zivilisationen nur als Gefahr und fürchtet den “Zusammenprall” zwischen dem Westen und “dem Rest”.
Genau hier mischt sich 2015 der russische Denker und ehemalige Professor für die Soziologie der Internationalen Beziehungen Alexander Dugin ein: Das derzeit herrschende unipolare Moment des Westens ist nicht länger hinnehmbar. An die Stelle des vom Westen verursachten Chaos auf der ganzen Welt und der von ihm forcierten, alle Völker und Kulturen nivellierenden Globalisierung, soll eine neue Ordnung treten: Die multipolare Welt.