Samuel Konkins Konzept der Counter Economics und seine mögliche strategische Anwendung
Politik kann man also als Reformkraft langfristig vergessen. Neue Rechte empfehlen den Bereich der (meist Sub- und Jugend-)Kultur als “Strategisches Feld der Metapolitik”, aber dieses läuft immer noch darauf hinaus, Unterstützung für die Politik und insbesondere den Wahlkampf zu sein. Deshalb müsste es Möglichkeiten geben, das bisherige neurechte Politik/Metapolitik Schema um Mittel zu Ergänzen, welche nicht auf direkt auf einen formellen Machtwechsel hin arbeiten, sondern den Staat und seine Macht unterlaufen. Dabei könnte eine der anarchistischen Varianten der ersten politischen Theorie helfen. Und zwar der von Samuel Konkin III. erdachte Agorismus. (Abgeleitet von Agora = Markt in Griechisch.) Auch Gegenökonomie genannt.
Agorismus (der zwischen Liberalismus, Linksanarchismus und neuer Linken stand) ist grob gesagt eine Form des Anarchismus und hat ein einfaches Prinzip: Marktakteure, die mit dem Staat zusammenarbeiten, sind abzulehnen und je mehr ein Akteur in Konflikt mit dem Staat gerät, umso “Symphatischer” ist er. Also eine klassische Freund Feind Distinktion. Dies ließe sich auf eine vierte Position so adaptieren: “Marktteilnehmer und Strukturen, die mit den Globalisten zusammenarbeiten (z.B. Zensurfirmen wie Facebook und Google) sind abzulehnen. Aber Akteure, die mit den Globalisten in Konflikt stehen, sind gut. Da kann man sowohl Schwarzmärkte, aber auch z.B. Afrikanische Bauern, die kein teures von Monsanto patentiertes Gensaatgut kaufen wollen, zu zählen.)
Die Strategie der Agoristen kann zusammen gefasst werden, dass man nicht staatliche oder gegenstaatliche Parallelstrukturen unterstützt, um damit dem Staat die Energie zu entziehen. Agoristen reden gerne meist von “Schwarzmärkten”. Dies ist aber der Schwäche der ersten politischen Theorie geschuldet, die alle soziale Interaktion als Form von Markt sieht. Auch religiöse Strukturen und Anderes, die nicht auf Kauf- und Verkauf abzielen, können agoristisch sein, sofern sie sich irgendwie dem Staat quer stellen. Ziel ist es, eine Struktur zu haben, die nicht vom jeweiligen Staat kontrolliert wird, die aber mehr Einfluss hat als eben dieser Staat. Es läuft also auf folgende Ironie hinaus: Total freie Märkte als Mittel zur Schwächung der politischen Macht liberaler Staaten.
Vielleicht kann man die Strategie der Agoristen als ökonomisches Äquivalent zu dem bezeichnen, was der Partisan im Militär darstellt. Gleichzeitig ist dies auch eine ökonomische Variante der linken Idee, von der Staatsideologie mehr oder weniger unerwünschte Elemente als Machtmittel zu nutzen. (Siehe z.B. Herbert Marcuse.)
Ein Beispiel dafür, dass agoristische Parallelstrukturen politischen Erfolg bringen können, ist eindeutig die neue Linke. Angefangen vom Hippie mit Vorliebe für verbotene Substanzen, bis hin zu den Grünen und bestimmte sexuelle Minderheiten. (Man muss das nicht gut finden, aber es zeigt, dass hinter so etwas politisches Machtpotenzial steckt.) Auch von Limonow ist es sehr bekannt, dass er sich gerne in gesellschaftlich “abseitigen” Kreisen aufhielt und dort Allianzen knüpfte. Beides zeigt, im Agorismus steckt politisches Machtpotenzial. (Man kann auch einige Strategien europäischer islamischer Migranten und deren “Parallelgesellschaften” als Beispiel dafür sehen.)
Nordkorea toleriert viele Schwarzmärkte (“Jangmadang” genannt) mitlerweile sogar mehr oder minder, und gibt ihnen offizielle Plätze. [1] [2] Dadurch kann das Land auch westliche Sanktionen umgehen. (Gabriele d'Annunzios Freistaat Fiume konnte ebenfalls nur so lange durch Schwarzmärkte überleben. Die wären sonst deutlich früher zerstört wurden.)
Was für Vorteile hätte ein Agorismus? Erstens: Man hätte eine direkte Metapolitische Verbindung. Sachen, die entweder illegal, kurz vor der legalisierung, oder unter legalem Beschuss sind, haben oft eine gewisse Subkultur um sich. Auf der linken Seite beispielsweise die Entheogen/Drogen Szenen, und auf der rechten Seite der ganze Second Amendmend/Miliz Komplex in den USA. Durch das fahren einer Agorismus Strategie kann man auch diese Subkulturen beeinflussen und Verbindungen aufbauen. (Leute wie der Hippie Philosoph Terence McKenna, oder Ernst Jünger zeigen auch, es gibt ein erstaunlich großes Potenzial für eine Synthese von "Entheogen Szenen" und traditionalistischem Denken.)
Dann ist es so, dass man durch Agorismus nicht nur eine politische Struktur aufbaut, sondern eine wirtschaftliche Infrastruktur, welche Geld in politische oder NGO Akteure leiten kann. Der heutige "Liberalismus 2.0" ist kein Primat der Wirtschaft, sondern eine gefährliche Synthese aus Politik, Wirtschaft und technokratischer Soziologie. Deshalb kann der "Weissmarkt" sehr schnell benutzt werden, um politischen Akteuren zu schaden. Dies sieht man einmal an der Drohung von Antifa und Co, dafür zu sorgen, dasss Abweichler ihren Job verlieren. Aber auch an Fällen wie der Tatsache, dass Leuten wie Martin Sellner ständig die Konten gesperrt werden. Wenn Anhänger einer vierten politischen Theorie eigene, parallele Strukturen aufbauen, könnte man sowas einen Riegel vorschieben. (Erfolgreichstes Beispiel einer solchen Strategie ist definitiv Bitcoin, sowie andere Kryptowährungen. Aber auch Dinge wie Telegram und andere Kommunikationsmittel sind solche Parallelstrukturen. [3])
Und für den Fall einer möglichen Mega Katastrophe, welche das westliche System auf einen Schlag zusammen bricht (was von einigen Rechten und Linken, z.B. Terence McKenna und Guillaume Faye, unter Begriffen wie "Konvergenz der Katastrophen" oder "Zeitwelle Null" diskutiert wird), hätte ein erfolgreicher Agorismus direkt eine Parallelstruktur, die schnell einspringen könnte. Dies würde ein strategischer Machtfaktor sein, und gleichzeitig Pluspunkte im Volk bringen. (Beispiel für so etwas ist Japan, wo nach Naturkatastrophen meist als allererstes die Yakuza beim Wiederaufbau einspringt. Dies bringt der Yakuza viel politischen Einfluss, Symphatie im Volk, und macht es schwer für den Staat, die Yakuza zu eliminieren. Anderes Beispiel ist Casa Pound in Italien und deren Hilfe für Arme und Obdachlose.) [5]
Gleichzeitig ist ein Agorismus auch unterhalb der Politik. Schwarzhändler interessieren Faschismus, Kommunismus und Liberalismus nicht. Deshalb muss ein Agorist sich nicht für eine Seite entscheiden. Niemand kann einen als "Kommunistenschwein" oder "böser Nazi" ablehnen, da Politik keine Rolle spielt.
Außerdem, da es keine Politik gibt, gibt es schnellere Ergebnisse. Es bräuchte wahrscheinlich Jahrhunderte bis Jahrtausende, bis AFD oder FPÖ die Wiedereinführung eines von Evola beschriebenen traditionellen Ständestaates fordern könnten. Eine bewaffnete Revolution ist eher ein gefährliches Unterfangen und braucht Unterstützung des Volks, die so in der Form nicht existiert. Und eine militärische Aktion Russlands würde einen potenziellen Atomkrieg mit den USA bedeuten. Wenn ein paar Leute aber ne "Amish" Siedlung und Ähnliches gründen wollen, stellen sie den Staat vor vollendete Tatsachen und die Grünen und Co können erstmal jammern, aber nichts ändern. (Viele Minderheiten wie Altgläubige oder europäische Juden konnten durch nichtstaatliche Parallelstrukturen ihre Tradition gegen extremen Widerstand verteidigen. Deshalb ist Agorismus auch im Sinne des Erhalts der Tradition strategisch wichtig.) Wenn man irgendwann mal wieder ein "Staatsfreies Niemandsland" a la Kowloon in Hong Kong finden könnte, hätte man die Staatsmacht sogar ausgeschlossen.
Und natürlich. Ein Weißmarkt ist Steuerpflichtig. Man kann Gender, Great Reset, Kriege zur Demokratieförderung in Nahost usw. hassen, wie man will. Sobald man im Westen lebt, muss man den Mist mit seinem Steuergeld finanzieren. Agorismus schafft Märkte ohne (oder mit deutlich weniger) Steuern. Entzieht dem Gegner also Energie. Und der Kampf gegen Parallelstrukturen verbraucht staatliche Rohstoffe.
Die Hauptgefahr dieser Strategie ist, dass man etwas potenziell unkontrollierbares schafft, was positive wie negative Sachen ins System importieren kann. Beispielsweise bei der Diskussion um Drogen. Ernst Jünger nahm LSD. Cannabis, Ayahuasca, Pilze und Co wurden bei vielen legitimen religiösen Zeremonien auf der Welt genutzt. Aber auf der anderen Seite möchte man keine Infrastruktur schaffen, die eine unkontrollierbare Zuführung von Heroin oder Crystal Meth ermöglicht.
Und natürlich. Kriminell zu werden setzt Leute aufs Radar der Staatsmacht. (Und man sollte sowieso keine Straftaten begehen.) Für politischen Aktivismus ist es wichtig, genügend unter dem Radar der Staatsmacht zu bleiben. Deshalb ist es deutlich besser, sich auf legale Dinge, rechtliche Grauzonen oder auf Dinge zu konzentrieren, die kurz vor der Legalisierung stehen. Oder a la "Silk Road" nichts selbst zu tun, sondern nur Infrastruktur für Andere aufzubauen. Nach dem Prinzip "Hier hast Du ne Plattform. Was Du damit machst ist deine Verantwortung."
[1] Zum Thema Nordkorea sind auch deren Involvierung in Kryptowährungen anzumerken. Siehe dazu: https://www.bbc.com/news/technology-58719884 und https://thewalrus.ca/north-korea-cryptocurrency/ Iran scheint ebenfalls eine ähnliche Strategie einzuschlagen, wie Nordkorea: https://cvj.ch/fokus/hintergrund/bitcoin-als-bedeutender-wirtschaftszweig-im-iran/
[2] Dieses Paper beschreibt das Schwarzmarktsystem Nordkoreas in großem Detail: https://www.scirp.org/journal/paperinformation.aspx?paperid=93739
[3] Parallele Kommunikationsstrukturen sind immens wichtig, weil Big Tech und Staat sowohl gegen Links als auch gegen Rechts vorgehen, indem man versucht, diesen Gruppen die Kommunikationsmittel zu nehmen. Beispiele sind das Verbot von Linksunten Indymedia (https://www.sueddeutsche.de/medien/indymedia-verbot-bundesverwaltungsgericht-1.4773367 ), die Versuche, die US Seite „Counter Currents“ zu vernichten (https://counter-currents.com/2017/08/counter-currents-under-attack-2/), das Vorgehen des Verfassungsschutzes gegen das Compact Magazin ( https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/compact-magazin-101.html ) sowie die Sperrungen von Leuten wie Alex Jones, Martin Sellner, Oliver Janich und Anderen auf Youtube. Viele dieser Gruppen und Individuen konnten sich durch Verwendung von VK.com, Telegram, oder dem Darknet retten. Strategisch fällt hier aber leider oft ein Lagerdenken auf. Dass z.B. Rechte darüber jammern, wenn Compact angegriffen wird, aber sich gleichzeitig über das Verbot von Indymedia freuen. Das sollte unterlassen werden. Strategisch sinnvoller wäre, wenn man auch öffentlich sich gegen solche Zensurstrategien positioniert. Denn dieser Kommunikationskrieg geht alle an, egal ob Links oder Rechts. Und eigentlich war Liberalismus mal „Mir missfällt, was Du sagst, aber ich kämpfe für dein Recht es zu sagen“, bevor der Werte Herr Popper das im Namen der offenen Gesellschaft änderte.
[5] Es gibt im Liberalismus 2.0 die Taktik, dass Aktivisten Angehörige vulnerabler Minderheitengruppen durch Untergruppen wie Neurodiversity oder Teile von Black Lives Matter über Pseudohilfsprogramme in Staatsabhängigkeit treiben und diese Gruppen dann als Assets für politische Ziele nutzen. (Manchmal „Bioleninismus“ genannt.) Sowas könnten andere Leute leicht durch Graswurzelbewegungen torpedieren.