Sakrale Geographie und Eschatologie: Postmoderne Geopolitik am Beispiel von Palästina

16.11.2023

Einleitung: Den Konflikt um Palästina verstehen

I. Wenn wir auf den gegenwärtigen Konflikt um Palästina schauen, können wir einige Dichotomien erkennen, mit denen der Krieg kategorisiert wird: Muslime gegen Juden, der Westen gegen den Islam, Besetzte gegen Besatzer und viele mehr. Einige dieser Gegensatzpaare tragen mehr Wahrheit in sich als andere, aber natürlich lassen sie einige wichtige Aspekte aus, so wie jedes Mittel um einen Sachverhalt zu vereinfachen. Natürlich ist der Krieg um Palästina ein Konflikt zwischen den besetzten Palästinensern und ihren zionistischen Besatzern. Dieser Konflikt ist brutal, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Palästinenser ein kolonisiertes Volk sind, das gegen einen Feind um sein Überleben kämpft, dessen offizielle Vertreter wie der israelische Verteidigungsminister Joav Galant es als “menschliche Tiere” bezeichnen. Viele Beobachter träumen von einer echten Zwei-Staaten-Lösung um einen andauernden Frieden für Palästina zu schaffen. Angesichts der Schwere des Konflikts scheint es so, als ob der Krieg nur entweder mit der Niederlage der Palästinenser und der ethnischen Säuberung des palästinensischen Volkes aus Gaza enden könnte oder mit einer schmachvollen Niederlage für die fanatische zionistische und ethno-nationalistische Elite in Tel Aviv. Im Moment liegen beide Szenarien im Bereich des Möglichen.

II. Tatsächlich versuchen Neokonservative, Anhänger der Frankfurter Schule in Deutschland und sogar einige europäische Rechtspopulisten den Kampf als Duell zwischen einem “säkularisierten, zivilisierten und aufgeklärten Westen” und einem “barbarischen, brutalen und rückwärtsgewandten Islam” darzustellen. Wenn wir diesen Machwerken westlicher Propaganda lauschen, fühlen wir uns sofort an Samuel Huntingtons Werk “Kampf der Kulturen” erinnert, worin dieser den Aufstieg der Multipolarität vorwegnahm, aber auch eine mögliche Eskalation des Konflikts zwischen dem Westen und der islamischen Zivilisation. Im Denken der Neokons wird der mögliche Kampf der Kulturen in Huntingons Werk zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Doch der amerikanische Philosoph zeigte uns, dass der Kampf zwischen den Zivilisationen nur eine Möglichkeit unter vielen ist, wobei die anderen in Kooperation und Frieden bestehen.

III. Die Dichotomie “Juden gegen Muslime” ist insofern nicht ganz richtig, als das der zionistische Nationalismus, die Staatsideologie Israels, in totalem Gegensatz zum traditionellen Judentum steht, welches die Präsenz der Juden in Palästina vor der Ankunft des Messias als Häresie und Verstoß gegen den Willen Gottes ansieht. Weiters ist die Dimension dieses Kampfes nicht auf eine Konfrontation zwischen den globalistischen Kräften, die versuchen die Unipolarität und westliche Hegemonie zu erhalten, sowie jenen Kräften die für die Errichtung einer Multipolaren Weltordnung eintreten, in der der Westen bloß ein Pol unter vielen ist, reduzierbar. Wenn wir die wahre Dimension und die Bedeutung dieses Kriegs um Palästina verstehen wollen, müssen wir unser Augenmerk auf andere Aspekte lenken.

IV. Es ist offensichtlich, dass rein moderne Begriffe und Formen der Wahrnehmung nicht die Bedeutung der Ewigkeit für traditionelle Kulturen hervorheben können, wie etwa im Fall der islamischen Zivilisation. Postmoderne Sekten, die verzerrte Versionen der christlichen und jüdischen Eschatologie in evangelikalen und zionistischen Visionen vom Ende der Welt vereinen sind die eigentliche Triebfeder hinter diesem Konflikt, werden aber im Westen zumeist ignoriert.

V. Selbiges gilt für die Idee der Sakralen Geographie, dem Ahnen der modernen Geopolitik, die heutzutage der Mehrheit der Europäer, die einen atheistischen Lebenstil bar jedes historischen Wissens folgen, komplett fremd ist. Dementsprechend müssen wir dem russischen Philosophen Alexander Dugin und der traditionalistischen Schule der Philosophie folgen, wenn wir zum Kern der Dinge vordringen wollen, was postmoderne Geopolitik am Beispiel Palästinas anbelangt. Wer den Krieg um Palästina begreifen will muss verstehen, dass er nicht alleine wegen geopolitischer Zielsetzungen geführt wird, die Erschaffung einer Multipolaren Welt auf der einen und der Verhinderung der Multipolarität auf der anderen Seite wegen geführt wird, sondern ein Krieg ist, der auf der Sakralen Geographie und Eschatologie gründet. Kurzum: Es handelt sich hier um einen Heiligen Krieg.

Sakrale Geographie

VI. Der Begriff Sakrale Geographie impliziert, dass eine Landschaft über eine inhärent sakrale Bedeutung verfügt, die sich von Gott oder den Göttern, abhängig vom zugrundeliegenden Glaubenssystem, ableitet. Es geht hier um einen Raumtyp der vom Göttlichen erfüllt ist. Dementsprechend handelt es sich bei der Sakralen Geographie um eine Art die Welt in Verbindung mit dem Mythos und dem Glauben zu sehen. Sie bringt ebenfalls heilige Plätze die durch Rituale immer wieder von neuem geweiht werden. Während die Ägypter daran glaubten, dass die Länder westlich der Säulen des Herakles (das heutige Gibraltar) das Totenreich beherbergten, glaubten die Europäer im Mittelalter daran, dass das heutige Skandinavien und Osteuropa von Zauberern und Wilden bewohnt wurden.

VII. Solch ein heiliger Raum ist Palästina. Es ist das Heilige Land für Christen, Muslime und Juden. In der christlichen Theologie ist Palästina das Land in dem die Offenbarung von Gottes Botschaft an die Menschheit stattgefunden hat. In ihm wurde Jesus Christus geboren, predigte dort, wurde gekreuzigt und ist von den Toten auferstanden. Für Christen dient die Stadt Jerusalem nicht nur als Allegorie für die Kirche, sondern enthält auch viele heilige Plätze, unter ihnen die Kirche des Heiligen Grabes und den Abendmahlsaal am Berg Zion, wo das Letzte Abendmahl stattfand. Was die Rituale betrifft, so begehen orthodoxe Christen jedes Jahr am Samstag vor Ostern die Zeremonie des Heiligen Feuers. Im Diskurs der europäischen Philosophie symbolisierte Jerusalem darüber hinaus das Primat der Religion über die reine Rationalität und Vernunft, zwei Qualitäten die mit der Stadt Athen in Verbindung stehen. Das gegenwärtig vorherrschende Primat Athens im europäischen Denken ist vielleicht der Grund dafür, warum wir heutzutage blind sind für das Phänomen der Sakralen Geographie. Im Islam wird Jerusalem Al-Quds oder Baitul-Maqdis (“Der edle, heilige Platz”) genannt und beherbergt den Platz des Felsendoms, der ältesten islamischen Steinstruktur. Der muslimischen Theologie zufolge war Jerusalem die erste Quiblah – der Ort an dem die Muslime beteten. Folgen wir dem Propheten Mohammed ist die Moschee in Al-Aqsa (Jerusalem) neben Mekka und Medina der drittheiligste Ort im Islam und Ziel für muslimische Pilger aus aller Welt. Das Judentum wiederum betrachtet Palästina als das “gelobte Land”, doch die Ansichten von orthodoxen Juden und Zionisten unterscheiden sich radikal, wenn es um den Anspruch auf Palästina geht. In der jüdischen Tradition war Jerusalem der Ort an dem sich der Tempel befand, die Hauptstadt des jüdischen Königreichs, der Ort der Bundeslade. Aus jüdischer Sicht handelt es sich hierbei auch um einen Ort der Trauer, da der jüdische Tempel dort zweimal zerstört und die Juden mehrmals aus der Stadt vertrieben worden waren. Die orthodoxen Juden betrachten es als den “Nabel der Welt”, Jerusalem symbolisiert für sie die Hoffnung auf das Erscheinen des Messias genauso wie den heiligsten Ort.

VIII. Als die Zionisten um Theodor Herzl 1898 Jerusalem betraten, war ihr Denken offensichtlich von Athen, nicht von Jerusalem geprägt: Sie waren schockiert vom angeblichen Obskurantismus der Einwohner und dem Gestank der Stadt. Für radikale Zionisten – die bis zum heutigen Tag im wesentlichen militante Nationalisten sind, die ihr Jüdischsein hauptsächlich als Folge ihres biologischen, nicht als ihres geistigen Erbes betrachten – ist Jerusalem eine Art religiöse Schande, die mit Schmutz und religiösem Feuereifer assoziiert wird inmitten der Wüste die sie in ihre Version des Garten Eden verwandelt haben. In ihren Augen ist Palästina natürlich nur ein rein mundaner Ort, dem jegliche Spur von Sakraler Geographie fehlt und der reif für Verwestlichung, Kolonisierung und alle anderen schwarzen Wunder und Profanitäten der Postmoderne gemacht werden soll – Regenbogenfahnen, “Gleichgeschlechtliche Ehen” und einem Nationalismus, der alleine vom Drang nach Blut und Boden beherrscht wird. Während es orthodoxe Juden als Häresie betrachten einen jüdischen Staat innerhalb Palästinas vor dem Ende der Zeiten zu errichten, wurde der Zionismus, welcher aus der Sabbatistensekte und der jüdischen Aufklärungsbewegung der Haskala erwuchs, genau mit diesem Ziel begründet. Und der letztere war mit der ausdrücklichen Unterstützung des Westens, in seinem Bestreben sehr erfolgreich: 1948 wurde der jüdische Staat gegründet und 1967 wurde Jerusalem zu einer jüdisch kontrollierten Stadt.

Eschatologie als Mittel der Politik: der Dritte Tempel und die Al-Aqsa Flut 

IX. Wenn wir die jüngste Eskalation in Palästina durch die Augen der westlichen Medien betrachten, wirken die Ereignisse recht seltsam: Plötzlich startet der militärische Flügel der Hamas, die Al- Quassem Brigade einen Angriff auf Israel. Die Israelis wiederum scheinen unverhältnismäßig zurückzuschlagen. Während die israelische Armee unvorbereitet erwischt wurde und die größten Verluste seit ihrem Bestehen erlitt, sterben tausende Palästinenser als Folge von israelischen Angriffen auf zivile Gebiete. Doch wenn wir einen genaueren Blick auf das Geschehen werfen, finden wir heraus, dass der wirkliche Grund für den gegenwärtigen Krieg ein Eschatologischer ist.

X. Die Eschatologie lehrt uns vom Ende dieser Welt und der Geburt einer neuen. Es ist eben das Ende dieser Welt, dass christliche Zionisten aus den USA und Europa sowie jüdische Sekten in Palästina mit dem Bau des Dritten Tempels in Jerusalem auszulösen versuchen. Der Name der Hamas-Operation “Al-Aqsa Flut” führt uns direkt zur eschatologischen Bedeutung und der wahren Natur dieses Krieges. Während sogar unter israelischer Besatzung jüdische Rituale in der Al-Aqsa Moschee durch Israel längste Zeit unterbunden wurden, werden jüdische Fanatiker innerhalb der Moschee seit dem Beginn der 2000er Jahre immer häufiger gesichtet, als die israelische Politik immer stärker in Richtung des Narrensaums einer wahnsinnigen Rechten abdriftete. Obwohl Muslime in der ganzen Welt dies als Sakrileg betrachten, betrachten fanatische Juden die auf den Ruinen des Zweiten Tempels errichtete Al-Aqsa Moschee als Hindernis für die Errichtung des Dritten Tempels.

XI. Die “Al-Aqsa Flut” wurde durch die jüdische Schändung der Al-Aqsa Moschee ausgelöst. Jüdische Sekten wie das Temple Institute und Mount Faithful rufen dazu auf eine makellose rote Färse zu opfern, um den Bau des Dritten Tempels zu ermöglichen, der die Ankunft des Messias und das Ende der Welt auslösen soll. Für gläubige Muslime stellen diese Akte der Schändung der Al-Aqsa Moschee das Werk des Daddschal, des Anti-Christen, dar. Einigen Sekten in Israel zufolge wurde die perfekte rote Färse bereits geboren und wird im Jahr 2024 für ihre Opferung bereit sein. Die meisten Juden glauben jedoch, dass der Dritte Tempel von Gott selbst und dem Messias erbaut werden wird und direkte menschliche Intervention in diese Angelegenheiten ein Sakrileg darstellt. Doch wie so oft in der Geschichte wird die Geschichte von radikalen und zu allem entschlossenen Minderheiten gemacht, nicht von der Mehrheit. Dies erklärt die anhaltenden Provokationen durch jüdische Sekten und die Bereitschaft radikaler muslimischer Gruppen wie der Hamas die Al-Aqsa Moschee zu verteidigen, auch wenn dies die Opferung tausender Palästinenser in Gaza bedeutet.

XII. Während Russland, der Iran, China und sogar Saudi Arabien die Position der Palästinenser einnehmen und zu einer echten Zwei-Staaten-Lösung aufrufen, sammelt sich der größtenteils atheistische und postmoderne Westen um die Fahne Israels und verteidigt jedes noch so himmelschreiende, von den Israelis verübte Kriegsverbrechen. Doch dieses Vabanque-Spiel könnte für den globalen Westen schlecht ausgehen: Während die Palästinenser in Gaza verzweifelt um ihr Überleben und den Erhalt Al-Aqsas kämpfen haben sich im Iran alleine mehr als 5 Millionen Mann für den Kampf um Palästina freiwillig gemeldet. Katar droht Israel mit Sanktionen im Energiesektor und zum ersten Mal seit 2013 demonstrierten Menschen auf dem Tahrir-Platz in Kairo um zu einer Intervention auf Seiten ihrer muslimischen Brüder in Palästina aufzurufen. Wir haben es hier bereits mit einem Heiligen Krieg zu tun und der russische Politiker Schirinowski könnte rückblickend richtig gelegen haben als er sagte, dass der Konflikt in der Ukraine im Vergleich zum kommenden Krieg im Heiligen Land verblassen wird. XIII. Während der Islam als Folge dieses Kampfes eine unabhängige Zivilisation zu formen beginnt und an der Seite Russland und Chinas für eine Multipolare Welt kämpft, stellt sich der satanische Westen von Epsteins Insel bis Brüssel an die Seite Israels. Das Wort satanisch mag zunächst als zu stark erscheinen um den modernen Westen zu beschreiben (der nicht mit der westlichen Tradition und Kultur von der Antike bis zum Ende der Renaissance zu vergleichen ist), wenn wir aber auf die politische Realität in ihm blicken, auf die Drag-Queen-Shows, die Abtreibungszahlen, die “Geschlechtsanpassungsoperationen”, die totale Zerstörung der westlichen Kultur im Namen der “Wokeness”, der Gewalt auf unseren Straßen und der Gottlosigkeit in den Herzen unserer Völker, dann bin ich davon überzeugt, dass diese Bezeichnung wie die Faust aufs Auge passt.

XIV. Während die BRICS-Staaten im Moment dabei sind einen Katehon zu formen, den Aufhalter des Anti-Christen, verbündet sich die westliche Zivilisation des Teufels mit Israel, was kein gutes Zeichen für Israel selbst ist, wie Alexander Dugin bereits festgestellt hat. Im Angesicht der aktuellen Ereignisse müssen wir Europäer eine Entscheidung treffen, wen wir in diesem Krieg unterstützen. Wir können uns entweder dazu entscheiden den satanischen Westen zu unterstützen oder gemeinsam mit allen anderen Völkern auf der Welt einen Katehon formen. Wir müssen der Welt beweisen, dass es einen Unterschied zwischen den Völkern Europas und ihren satanischen Eliten gibt, die von den Vereinigten Staaten kontrolliert werden. Damit meine ich nicht den bewaffneten Kampf. Unser Kampf muss vor allem ein Protest geistig-intellektueller Form sein und auch auf die Straße getragen werden. Wir müssen unsere Eliten loswerden, damit wir endlich wieder unser Leben bestimmen können. In diesem Kampf zwischen Gut und Böse kann man nicht neutral bleiben, man muss sich für eine Seite entscheiden. Wir als Mitglieder des christlichen Widerstandes, Europäer die sich ihrer eigenen Geschichte bewusst sind, ihrer Sakralen Geographie und Eschatologie können nur für einen Wandel kämpfen, zu Gott beten und einen Katehon gegen diese höllische Zivilisation formen. Wir werden sehen welche Seite diesen Heiligen Krieg gewinnen wird, nur Gott allein weiß es.