Die deutsche Woche
Geopolitische Entwicklungen
Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel die Politik des Westens gegenüber Rußland scharf kritisiert. Schröder griff auch direkt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen der Rußlandpolitik der Bundesregierung an. Berlin hätte niemals zulassen dürfen, daß die EU-Kommission „nur mit der Ukraine und nicht auch mit Rußland über eine EU-Assoziierung verhandelte“, so Schröder. Für fatal hält er auch die Versuche, Rußland international zu isolieren. Einen Ausschluß Rußlands aus der G8-Gruppe hätte er als Kanzler niemals zugelassen. Gerade in der Krise seien „Gespräche zwingend erforderlich“, sagt Schröder im Spiegel-Gespräch. Außerdem zeigte Gerhard Schröder Verständnis für die russische Sorge wegen der NATO-Osterweiterung: „Mit dem Ende der Sowjetunion hat der Warschauer Pakt aufgehört zu existieren, während die NATO nicht nur weiterbestand, sondern sich erheblich nach Osten ausgedehnt hat.“ Für nicht nachvollziehbar hält Schröder hingegen die Ängste der Polen und Balten vor dem russischen Nachbarn: Er kenne „niemanden, auch nicht in Rußland, der so verrückt wäre, es auch nur in Erwägung zu ziehen, die territoriale Integrität Polens oder der baltischen Staaten infrage zu stellen“.
Innenpolitik
Der Absturz des deutschen Germanwings-Passagierflugzeugs in den französischen Alpen, bei dem 150 Menschen ums Leben kamen, dominierte die Nachrichtenlage in Deutschland. Im Zusammenhang mit der Berichterstattung wurde vor allem die Rolle der Mainstream-Medien während solcher Katastrophen kontrovers diskutiert. Die Chefredakteurin der linksliberalen tageszeitung, Ines Pohl, veröffentlichte auf Twitter einen zynischen Kommentar zum Flugzeugabsturz: „Fast scheint es, als könnte Deutschland endlich die dringende Sehnsucht erfüllen, auch mal eine Katastrophe für sich zu beanspruchen.“ Und in der liberalkonservativen Bild schrieb Kolumnist Franz Josef Wagner: „Knabberten die Passagiere Nüsse, tranken sie Cola, guckten sie in die Sonne durch das Kabinenfenster? Nervten die Babys, die quengelten? Wie war die Stimmung in dem Flugzeug, das in den Tod flog? Ich hoffe, sie waren glücklich, bevor sie starben.“ Generell vertrauen die Deutschen nicht mehr den großen Leitmedien. Bei einer Umfrage des Instituts „infratest dimap“ im Dezember 2014 gaben zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) an, nur wenig oder gar kein Vertrauen in die Berichterstattung der Medien beispielsweise über den Ukraine-Konflikt zu haben. Nur von jedem Dritten (33 Prozent) wird sie als vertrauenswürdig beschrieben. Zum Vergleich: Den Nachrichten über den Krieg des „Islamischen Staates“ trauen 42 Prozent.
Religion
In der evangelischen Amtskirche in Deutschland begeistert man sich für „Gendermainstreaming“ und LGBT-Propaganda. Die Evangelische Landeskirche in Baden will dabei die Gleichstellung von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung und Identität vorantreiben. Am 17. April will die Kirchenleitung gemeinsam mit der Evangelischen Hochschule Freiburg eine Tagung zu diesem Thema durchführen. Vor allem in konservativen Kreisen innerhalb der Kirchengemeinden führte das Vorhaben zu Protesten.
Familie und Bioethik
Geistig behinderte Menschen sollen in Deutschland das Wahlrecht erhalten. Daß diese bislang vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen sind, bezeichnete die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Verena Bentele, als „eine nicht hinnehmbare Diskriminierung“. Bei den angeblich Diskriminierten handelt es sich um Personen, die eine „Betreuung in allen Angelegenheiten“ benötigen, also „stark körperbehinderte Menschen mit zusätzlicher geistiger Behinderung, demente oder komatöse Menschen mit schweren Schädel-Hirn-Verletzungen und Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen“, so das Deutsche Institut für Menschenrechte. Laut dem Institut sind davon mehr als 10.000 Menschen betroffen. Behindertenbeauftragte Bentele will, daß diese Behinderten künftig an Wahlen teilnehmen dürfen. Wählen sei ein Menschenrecht, und es gehöre zum Wesen der Demokratie, so Bentele.