Baden-Württemberg: SPD-Kultusminister gibt schnell noch Bildungsplan zur sexuellen Toleranz frei
Seit zwei Jahren wird im ehemals grün-rot regierten Baden-Württemberg um den höchst fragwürdigen Bildungsplan für allgemeinbildende Schulen gestritten. Wie von den Bildungsplankritikern erwartet, verabschiedete der scheidende sozialdemokratische Kultusminister Andreas Stoch [Bild] schnell noch vor dem Ende seiner Amtszeit das Werk zur sexuellen Vielfalt und Toleranz.
Die darin verankerte Gender-Ideologie kann nur dann erfolgreich sein, wenn diese Idee an die Jüngsten einer Gesellschaft möglichst früh herangetragen wird. Der sogenannten »dekonstruktivistischen Sexualpädagogik«, die die Auflösung der Geschlechtspolarität zwischen Mann und Frau zum Ziel hat, wird nach Meinung der Kritiker durch den vorgesehenen Bildungsplan der Weg bereits in den Schulen geebnet.
Rot-grüne Landesregierungen besonders aktiv beim Einüben der Toleranz gegenüber sexueller Vielfalt an Schulen
Die Vorlage der ehemals grün-roten Landesregierung Baden-Württembergs sieht vor, dass Schüler an allgemeinbildenden Schulen verschiedene Formen des Zusammenlebens von/mit LSBTTIQ (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transsexualität, Intern und Queer) sowie Ausprägungen schwuler, lesbischer, transgender und intersexueller Kultur kennenlernen und in den gesamten Schulalltag integrieren sollen.
Nach der diesem Plan zugrunde liegenden Gender-Ideologie sollen alle Optionen von Partnerschaft, Elternschaft und Sexualität gleichberechtigt nebeneinandergestellt werden. Im Rahmen von Bildungsplanreformen versuchen sich vor allem grün-rote Regierungen im Einüben der Toleranz gegenüber sexueller Vielfalt an Schulen an den Jüngsten in unserer Gesellschaft.
Kritiker der Gender-Bewegung und des Bildungsplans machen geltend, dass es nur vordergründig um Antidiskriminierung gehe. Tatsächlich gehen die Ziele der dekonstruktivistischen, genderbasierten Sexualpädagogik sehr viel weiter als nur die Akzeptanz von sexueller Vielfalt. Alle Optionen von Elternschaft und Sexualität sollen nach dem Willen der Gender-Ideologen als gleichwertig nebeneinandergestellt werden. Auch letztlich Polyamorie (Liebesbeziehungen zu mehreren Partnern gleichzeitig) und Promiskuität.
Jugendliche sollen mit den Lebensweisen der LSBTTIQ vertraut gemacht werden, und die Kernfamilie soll nicht mehr als Norm vermittelt, sondern eher als traditionell-konservatives Modell – teilweise als überholt – dargestellt werden. Folgerichtig sei es in dieser Ideologie, dass man zum Beispiel Promiskuität als akzeptable Form gelebter Sexualität vermittle und dies mit unterrichtsbegleitendem Material unterfüttere. Mit diesem Material solle, so die beschwichtigende Ausführung der Gender-Funktionäre in Bildungseinrichtungen und Gleichstellungsfunktionen, auf Fragen von Jugendlichen ja nur angemessen reagiert werden.
Kosmetische Korrekturen und Versprechen
Gegen den Bildungsplan stellen sich seither verschiedene Familienorganisationen, politische Vereine, engagierte Einzelpersonen und Initiativen, die sich unter anderem im Aktionsbündnis DEMO FÜR ALLE sammeln.
Nach massiver Gegenwehr und mehrfachen Demonstrationen mit tausenden Teilnehmern wurde am 8. April 2014 bekannt, dass die baden-württembergische Landesregierung ihren Entwurf für den Bildungsplan zurückziehe und von ihrem Vorhaben, dem Thema »Sexuelle Vielfalt« eine »solitäre Rolle« zu geben und zu einem »Querschnittsthema« zu machen, nach einer zwei Monate währenden öffentlichen Diskussion abrücke.
Die bisher vorgesehenen fünf »Leitprinzipien« wurden in »Leitperspektiven« umbenannt und eine sechste »Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt« ergänzt. Zu den von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) erklärten Korrekturen äußerte sich die oppositionelle CDU zurückhaltend und sprach von »kosmetischen Korrekturen«. Die Bürger stellten auch die willkürlich gesetzten fünf Leitprinzipien infrage, so die Argumentation der CDU.
Die Landesregierung änderte ihren Gesetzentwurf in den folgenden Monaten nur formal ab, hielt aber gleichzeitig weiterhin am Kern der Reform fest, wonach die sexuelle Vielfalt als Teil des Unterrichtsstoffs fächerübergreifend vermittelt werden soll. Am 24. April 2014 beschließt schließlich die Landesregierung, den Bildungsplan auf das Schuljahr 2016/17 zu verschieben und neu zu formulieren. Insbesondere sollen die »Leitperspektiven« umfassend umgearbeitet werden. Will SPD-Kultusminister klammheimlich unterzeichnen?
Bildungsplan schnell noch freigegeben
Wie der SWR berichtet, habe der scheidende Kultusminister Andreas Stoch (SPD) zum Abschluss seiner Amtszeit den Bildungsplan für die Schulen freigegeben. Ein Sprecher des Kultusministeriums bestätigte am Mittwoch diesen angeblich normalen internen Verfahrensschritt am Ende eines mehrjährigen Prozesses. Dies sei notwendig, um die Erteilung des Druckauftrags veranlassen zu können. Am kommenden Montag soll dem Kultusministerium zufolge die Endfassung des Bildungsplans im Internet veröffentlicht werden.
Am Mittwoch wolle der Kultusminister persönlich 800 Lehrern und Schulleitern wohl als letzte Amtshandlung den hoch umstrittenen Bildungsplan vorstellen. Ab dem Schuljahr 2016/17 sollen die baden-württembergischen Schüler dann in den allgemeinbildenden Schulen fächerübergreifend eines der präferierten grünen Gesellschaftsthemen, die sexuelle Vielfalt in seiner ganzen Bandbreite, vermittelt bekommen.
Die CDU-Opposition reagierte verärgert. CDU-Bildungsexperte Georg Wacker erklärte gegenüber dem Mannheimer Morgen: »Uns wäre es lieber gewesen, die Rechtskraft bis nach den Koalitionsverhandlungen auszusetzen.« Dies wäre für den CDU-Politiker eine Geste des »politischen Anstands« gewesen. Sollte es zu Koalitionsgesprächen mit den Grünen kommen, will der schulpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Änderungen einfordern.
Die Grünen-Bildungsexpertin Sandra Boser indes hat naturgemäß kein Problem mit Stochs straffem Zeitplan zur Einführung des von tausenden Eltern kritisierten Bildungsplans.
DEMO FÜR ALLE zeigt sich wenig überrascht
Hedwig von Beverfoerde, Koordinatorin des Aktionsbündnisses für Ehe & Familie – DEMO FÜR ALLE – zeigte sich gegenüber KOPP Online wenig erstaunt. Es sei zu erwarten gewesen, dass Kultusminister Stoch vor Amtsübergabe den Bildungsplan noch auf den Weg bringen würde.
Bereits vor den Landtagswahlen teilte das Bündnis mit, dass niemand wisse, was nach der Beteiligungsphase des Bildungsplanentwurfs, in der Tausende von Änderungsvorschlägen beim Kultusministerium eingegangen waren, jetzt Inhalt des Bildungsplans ist. Bereits zum damaligen Zeitpunkt war davon auszugehen, dass die Kretschmann-Regierung mit allen Mitteln versuchen werde, das Ursprungsanliegen des Protests – den Bildungsplan – noch vor der Wahl aus der öffentlichen Diskussion herauszuhalten und stillschweigend einzutüten.
DEMO FÜR ALLE werde nun den Inhalt nach Veröffentlichung am Montag einsehen, meinte von Beverfoerde gegenüber KOPP Online abschließend, und dann dazu Stellung beziehen. Zudem könne man nach den Koalitionsverhandlungen vor einer Situation stehen, die eine Neubewertung verlange.
Birgit Stöger, Kopp online (2.4.2016)