Universität Cambridge: zu einer Liste "problematischer Bücher"

11.01.2024
Quelle: Nieuwsbrief Knooppunt Delta, Nr. 185, Dezember 2023

In der neuesten Ausgabe der deutschen Zeitschrift Cato, "Magazin für neue Sachlichkeit", schreibt der Philosoph und Kolumnist Michaël Andrick (geb. 1980) folgendes: "Die Entfernung von Büchern aus Bibliotheken und von Menschen aus der Gesellschaft folgt immer dem gleichen Prinzip: dem Hass auf Andersdenkende, auf abweichendes Verhalten und Ideen. Wenn diese Bewegung der Annullierung im Westen ungestört ihren Lauf nimmt, wird sie in Idiotie und moralisch-politischer Blindheit enden."

Besonders besorgniserregend ist, dass sich dieser pseudoreligiöse Wahnsinn vor allem in den einstigen europäischen Tempeln des freien Denkens durchzusetzen scheint: d. h. in unseren Universitäten. Vor allem in den angelsächsischen Ländern scheint sich diese Bewegung mit sanft-totalitären Zügen gut durchzusetzen.

Wir möchten Sie gerne mit der folgenden Geschichte konfrontieren. Im Oktober 2023 bittet die Universitätsbibliothek Cambridge ihre Bibliothekare, eine Liste "problematischer Bücher" zu erstellen, damit sie entscheiden kann, was mit ihnen geschehen soll. Das berichtete die englische Zeitung The Sunday Telegraph.

In der Notiz der Universitätsbibliothek hieß es: "Wir würden gerne von allen unseren Kollegen in Cambridge erfahren, welche Bücher Sie für problematisch halten (aus welchen Gründen auch immer, also nicht nur in Bezug auf Entkolonialisierungsthemen), damit wir eine Liste mit Beispielen im Intranet der Cambridge Librarians veröffentlichen und entscheiden können, was wir mit jedem einzelnen tun sollen". Die britische Zeitung berichtet, dass das Pembroke College seine Mitarbeiter informiert und sie gebeten hat, bei der Erstellung der "schwarzen" Bücherliste mitzuwirken. Zu einem späteren Zeitpunkt wird das Pembroke College seinen Bibliothekaren und Lesern Ratschläge geben, wie sie mit diesen Büchern umgehen sollen.

Und, oh nein, es geht nicht um weiße Zensur (entschuldigen Sie das lahme Wortspiel), sagt die Universitätsbibliothek Cambridge (gegründet 1209!): "Die Universitätsbibliotheken von Cambridge zensieren keine Bücher, setzen sie nicht auf eine schwarze Liste und entfernen sie auch nicht, es sei denn, sie sind nach britischem Recht strafrechtlich verboten. Wir verpflichten uns zum Dialog mit unseren Kollegen, damit wir auch in Zukunft offene und ehrliche Diskussionen mit den Lesern darüber führen können, wie wir sammeln und warum."

Heiß und kalt zugleich. Keine Zensur, aber "Listen mit problematischen Büchern" und später "Richtlinien, wie man als Leser oder Bibliothekar mit ihnen umgeht": Wie unterscheidet sich das von Zensur? Dr. James Orr, Dozent an der Universität Cambridge, hat sofort geantwortet: "Die Erstellung eines Indexes von Büchern, die für ein bestimmtes Lager problematisch sind, zu einem bestimmten Thema - einem Thema, bei dem sowohl die Akademiker als auch die Öffentlichkeit besonders tief gespalten sind - wäre eine dunkle, unangenehme Entwicklung. Sie würde den berechtigten Ruf der Universitätsbibliothek als eine der besten Institutionen dieses Landes fein säuberlich untergraben."

Die Universitätsbibliothek Cambridge hat angekündigt, dass sie ihre "Bemühungen" fortsetzen wird.

"Wo immer man Bücher verbrennt, verbrennt man schließlich auch Menschen"

Heinrich Heine (1797-1856)

Peter Logghe

Übersetzung von Robert Steuckers