Wir kämpfen zusammen, wir sterben zusammen und werden gemeinsam wiedergeboren

28.02.2022

In einem Interview mit dem Fernsehkanal Tsargrad reflektierte Alexander Dugin über den sich entfaltenden Konflikt in der Ukraine, über ihre Zivilisation und existenziellen Elemente und über die Rolle der Multipolarität.

Wenn es nur um die Wiederherstellung der DPR und LPR gehen würde – die wir als unabhängige Staaten anerkennen – dann denke ich, dass sich die gegenwärtigen Ereignisse in einem anderen Szenario entfaltet hätten.

Ich denke, dass es dabei um die Befreiung der Ukraine als Ganzes geht; dann werden wir aufhören. Putin hat heute Morgen gesagt, dass alle Kompromisse und halbherzigen Maßnahmen nicht länger funktionieren. Wir haben ihnen die Möglichkeit gegeben, die Sprache des Friedens zu sprechen, wir haben dem Westen und Kiew die Gelegenheit gegeben die Sprache der Diplomatie zu sprechen. All unsere Vorschläge wurden zurückgewiesen. Es gab keine Alternative. Ich denke, dass die erste Phase in der Befreiung von Neurussland bestehen wird (nicht nur Donezk und Lugansk, sondern tatsächlich Neurussland und sein gesamtes historisches Gebiet). Als Putin sagte: “Wollt ihr die Entkommunisierung?”, war klar, wie das gemeint ist. Lenin erschuf die künstliche Entität “Ukraine” (und später half Chruschtschow dabei). Mit diesem Erbe des Kommunismus, Bolschewismus, von Lenin und Chruschtschow hat sich die Ukraine verabschiedet. Wir haben damals auch auf Wiedersehen gesagt. Man kann sich nicht nur in eine Richtung verabschieden.

Wir sagen auf Wiedersehen zur Ukraine die Lenin erschaffen hat und wir treiben die Entkommunisierung an ihr logisches Ende. Ich denke, dass die erste rote Linie in der Befreiung Neurusslands bestehen wird, um unsere Operationen im Norden und Süden sowie am linken Flussufer, um Neurussland zu verbinden. Das einzige Problem ist die Westukraine: Ich weiß nicht, wie es gelöst werden wird. Die Karten, die militärische Ziele in der Westukraine zeigen, sind ein Beweis für unsere Entschlossenheit, mit dieser Situation fertig zu werden. Ich denke, dass alles mit der Vereinigung der Ostslawen in diesem Gebiet enden wird, der Vereinigung aller drei Stämme der Ostslawen – Neurussland, Weißrussland und Großrussland – in einer Union, einer einigen Konföderation als Teil der Eurasischen Union.

Mir scheint, dass wir nicht zu so extremen Mitteln gegriffen hätten, wenn wir dabei nicht ein Ziel im Auge haben. Wir setzen eine Menge aufs Spiel, wenn es hier nur um die Befreiung der Regionen Donezk und Lugansk gehen soll. Wenn das Spektakel zu Ende geht, werden die Clowns in Vergessenheit geraten.

Was die Ukraine anbelangt, geht es mir nicht darum den ukrainischen Staat zu dämonisieren, denn der Teil der Ostslawen, den wir Kleinrussland nennen, hat sich geschichtlich gesehen als vollkommen unfähig erwiesen, ein Staatswesen zu errichten. Wann immer sich auch eine geschichtliche Möglichkeit dazu ergab, einen Staat zu errichten, sind sie damit gescheitert. Sie wissen nicht, wie man das bewerkstelligt. Ich denke aber, dass wir sie nicht dafür anklagen sollten. Sie sind unsere Brüder, es ist nun an der Zeit, für sie in die vereinigte ostslawische Heimat zurückzukehren. Wir selbst, die Großrussen, sind lediglich der triumphierende Teil des ostslawischen Volkes. Sie haben keinen eigenen Staat errichtet, also haben sie sich Clowns gewählt, Nazis, Extremisten – anstatt sich professionelle Politiker auszusuchen, organisieren sie Massaker in dem Moment, in dem es notwendig wäre Menschlichkeit und Sanftmut zu zeigen. Anders gesagt, machen sie das Gegenteil von dem, was der Aufbau eines Staate sein sollte. Doch genau das benötigt man zum Aufbau eines Staatswesens. Und genau so war es für Jahrhunderte.

Die Ukraine begann 2014 zu zerfallen und befindet sich in einem aktiven Prozess der Desintegration.  Sich in so einem Moment einen Narren zu wählen... macht man das aus Spaß? Dennoch macht er weiter. Diese Menschen gehören in die Welt der virtuellen Kultur. Gelächter und skeptische Kommentare in den sozialen Medien beeinflussen und definieren nichts.

Es gibt keinen Grund, sich über sie lustig zu machen: Denn sie sind unsere Brüder, daher sind sie genauso tapfer wie wir, sie sind ein Teil unseres Volkes. Daher scheint es mir, dass wir sie mit Respekt behandeln müssen, auch dann wenn wir uns auf unterschiedlichen Seiten der Barrikaden befinden. Lasst uns nicht sagen: “Gebt auf ihr Hunde!”, sondern: “Brüder versteht doch, das ist nicht euer Krieg – wir stehen für die Freiheit und Unabhängigkeit von jeder Macht, das verstehen wir besser – und wir werden euch in unserem Reich integrieren, lasst uns gemeinsam einen ernsthaften Staat aufbauen – keinen hysterischen Staat der Witzfiguren.”

Was die Stellungnahmen von Alexander Lukaschenko angeht: Nachdem westliche Kräfte versucht haben, ihn zu stürzen, begriff er die wahre Herausforderung. Ich denke, dass sich Lukaschenko den Ostslawen anschließen wird.

Es geht nicht um die Anerkennung der RPD und der RPL. Wir sprechen über ein ganz neues Kapitel der Weltgeschichte, eine multipolare Welt und einen kompletten Wandel der Weltordnung. Und in dieser Hinsicht können wir nur als ein Pol zusammenstehen. Die Ostslawen sind unsere eurasischen Freunde, sie sind ein integraler Bestandteil des eurasischen Territoriums, mit einem Kern (den Ostslawen) und daran anschließenden Territorien. Das Aufnahmeverfahren hat keine Bedeutung mehr. Es ist wichtig, dass Lukaschenko an unserer Seite steht, das China mit uns ist und dass auch der Iran mit uns verbündet ist. Und das ist nur der Anfang. Nun hängt alles umso mehr von unseren heldenhaften Streitkräften ab.  Wir haben bereits alle diplomatischen Mittel bemüht... Der ukrainische Staat kollabiert vor unseren Augen, er existiert nicht mehr. Der Staat impliziert gewissermaßen militärische Souveränität. Gibt es keine militärische Souveränität, gibt es keinen Staat. Wir werden nur mit einem rechtmäßigen und seriösen Führer der Ukraine sprechen und zwar über die Einheit, brüderliche Beziehungen, Garantien und Grenzen.  Aber nicht mit einem Clown.

Wir kämpfen gemeinsam und wir sterben gemeinsam. Und wir werden gemeinsam wiedergeboren werden. Aus diesem Grund müssen heute nicht nur die Russen ihrem Russentum gerecht werden. Auch die Ukrainer müssen ihrem Ukrainertum gerecht werden – dem gerecht werden, was ihre Großeltern und Urgroßeltern waren und sich an die Wahl zur Orthodoxie durch die Kiewer Russ erinnern. Das ist, was uns gemeinsam verbindet.

Übersetzung von Alexander Markowitsch