Schweizer Klatsche für die EU: Bern lehnt Rahmenabkommen mit Brüssel ab
Das ist ein mittlerer Paukenschlag: die Schweiz hat den geplanten Rahmenvertrag mit der EU über die bilateralen Beziehungen nach sieben Jahren Verhandlungen platzen lassen. Es habe keine Einigung über entscheidende Punkte gegeben, sagte der Schweizer Präsident Guy Parmelin. Der Vertragsentwurf, der seit Ende 2018 auf dem Tisch liegt, war im Berner Parlament nicht mehrheitsfähig.
„Der Bundesrat hat festgestellt, daß die Gespräche in drei Bereichen mit der EU nicht zu den nötigen Lösungen geführt haben. Deshalb hat der Bundesrat entschieden, die Verhandlungen zu beenden“, teilte Parmelin mit.
Die bisher gültigen bilateralen Verträge zwischen der EU und der Schweiz bleiben bestehen. Die EU hielt es aber für angezeigt, die Schweiz ziemlich unverhohlen zu warnen, was passieren könnte, wenn es nicht zum Abschluß des Rahmenabkommens käme: es werde keine weiteren Abkommen geben, und ältere Abkommen würden möglicherweise nicht aktualisiert.
Durch diese Perspektive will man sich in Bern allerdings nicht einschüchtern lassen. „Die Schweiz bleibt zuverlässige Partnerin der Europäischen Union“, unterstrich Außenminister Ignazio Cassis. Die Schweiz erwarte deshalb, daß die geltenden bilateralen Verträge weiter angewendet und Gespräche über neue Verträge fortgesetzt werden. Die Schweiz bietet zudem einen „politischen Dialog“ mit der EU an, um die Zusammenarbeit weiterentwickeln. Zudem will die Schweiz einseitig in bestimmten Bereichen Anpassungen an EU-Recht vornehmen, um Handelshürden zu vermeiden, ergänzte Justizministerin Karin Keller-Suter.
Über das Rahmenabkommen wurde seit 2014 verhandelt. Es sollte unter anderem automatische Aktualisierungen regeln und festlegen, wie Streitigkeiten zwischen Brüssel und Bern künftig beigelegt werden. Über einen besonders heiklen Streitpunkt wird zumindest in den bundesdeutschen Qualitätsmedien nur verschämt berichtet: das Rahmenabkommen sollte auch den Zugang von EU-Bürgern zum Schweizer Sozialsystem regeln. Hiergegen liefen Gewerkschaften, Staatsrechtler und auch die rechte SVP Sturm. Die Berner Regierung machte denn auch kein Hehl daraus, daß es in zentralen Bereichen substanzielle Differenzen gebe. Die Regierung habe deshalb entschieden, das so gut wie ausgehandelte Abkommen nicht zu unterzeichnen.