Rechtspopulisten feiern Trump-Sieg
Der Sieg des Republikaners Donald Trump bei der US-Wahl hat weltweit für Entsetzen gesorgt, darunter auch in Deutschland. Bei Rechtspopulisten wird der Ausgang der Wahl hingegen gefeiert. "Glückwünsche an den neuen Präsidenten der USA, Donald Trump, und an das freie amerikanische Volk!", schrieb die Chefin des Front National (FN), Marine Le Pen. FN-Vizepräsident Louis Aliot erklärte, die US-Wähler hätten "einer arroganten Elite den Stinkefinger gezeigt".
Nigel Farage, der ehemalige Vorsitzende der rechtspopulistischen Ukip, der Großbritannien mit aus der EU führte, feierte das Wahljahr: "Es scheint, als wird 2016 zum Jahr zweier großer politischer Revolutionen."
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders twitterte: "Die Amerikaner holen sich ihr Land zurück."
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sissi war am Morgen der erste Staatschef, der Trump offiziell zum Wahlsieg gratulierte. Wenig später folgte auch Russlands Präsident Wladimir Putin. Er hoffe auf "gemeinsame Arbeit", um den gegenwärtigen "kritischen Zustand" der Beziehungen zwischen den USA und Russland zu beenden, schrieb er Trump. Es sei im Interesse beider Länder und der ganzen Welt, einen "konstruktiven Dialog aufzubauen".
Chinas Präsident Xi Jinping sagte, er wolle mit Trump die Prinzipien "keine Konfrontation, kein Konflikt, gegenseitiger Respekt und Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil" hochhalten. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu lobte den Republikaner als "einen wahren Freund des Staates Israel". Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Trump, "um Sicherheit, Stabilität und Frieden in unserer Region" voranzutreiben.
Aus Trumps Nachbarland Kanada meldete sich Premierminister Justin Trudeau. "Kanada hat keinen engeren Freund, Partner und Verbündeten als die Vereinigten Staaten", erklärte Trudeau. "Wir freuen uns darauf, in den kommenden Jahren mit dem designierten Präsidenten Trump, dessen Regierung und dem Kongress der Vereinigten Staaten bei Themen wie Handel, Investitionen und internationalem Frieden und Stabilität zusammenzuarbeiten." Die Beziehung zwischen den USA und Kanada sei ein "Vorbild für die Welt".
Die Türkei erinnerte Trump an eines ihrer wichtigsten Anliegen: "Ich appelliere von hier aus offen an den neuen Präsidenten, den auf dem Boden der Vereinigten Staaten von Amerika lebenden Fethullah Gülen umgehend an unser Land auszuliefern", sagte Ministerpräsident Binali Yıldırım. Gülen gilt der Regierung in Ankara als Organisator des gescheiterten Militärputsches vom Juli. Yıldırım äußerte die Hoffnung, dass sich die Partnerschaft mit den USA und die Beziehungen entwickeln.
Die EU will sich mit Trump so bald wie möglich bei einem Gipfeltreffen austauschen. "Es ist heute wichtiger denn je, die transatlantischen Beziehungen zu stärken", sagten EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in einem Gratulationsschreiben. Nur so ließen sich die derzeitigen Herausforderungen meistern, darunter der Kampf gegen Dschihadismus, die Angriffe gegen die Souveränität der Ukraine oder die Verhandlungen über internationale Handelsabkommen.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sprach angesichts des Wahlergebnisses von einem "Lehrstück". Er sagte, er sei "überrascht, ich hatte mit einem Sieg von Clinton gerechnet. Die Welle, in der wir uns befinden, die Ablehnung der etablierten Politik, scheint sich auch in dieser Wahl abzuzeichnen." Er erinnerte daran, dass das politische System der USA immer wieder Ausschläge erlebt habe. Es sei stark genug auch für eine Präsidentschaft des Republikaners Trump, sagte der SPD-Politiker in der ARD.
Schulz verglich Trumps Wahlsieg mit dem Brexit. Viele Menschen fühlten sich nicht ernst genommen und protestierten mit ihrer Stimme. "Man muss genau hinhören", sagte Schulz und sprach von einem Lehrstück. Ähnlich große Verwerfungen wie in den USA gebe es in Europa allerdings nicht.
Der französische Präsident François Hollande sieht nach dem Wahlsieg von Donald Trump "eine Zeit der Unsicherheit" heraufziehen. Sein Verteidigungsminister Jean-Marc Ayrault sagte, Frankreich werde auch mit einem Präsidenten Trump zusammenarbeiten. "Wir müssen uns zum Klimawandel, zum Atomabkommen mit dem Iran und zu Syrien aber neu abstimmen.
"Italiens früherer Ministerpräsident Enrico Letta ordnete das Ergebnis als größten politischen Bruch seit dem Fall der Berliner Mauer ein – der auf den Tag genau vor 27 Jahren stattfand. Die Wahl sei ein " großes Erwachen für Europa". Die britische Premierministerin Theresa May hob die "andauernde und besondere Beziehung" zu den USA hervor, die auf den Werten Freiheit, Demokratie und Unternehmungsgeist basiere. "Wir sind starke und enge Partner bei Handel, Sicherheit und Verteidigung, und wir werden es bleiben", sagte sie.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bot Trump eine Zusammenarbeit an, machte jedoch die Menschenrechte und westliche Werte zur Bedingung. Ähnlich äußerte sich Bundespräsident Joachim Gauck. Er habe die "Hoffnung, dass der neu gewählte Präsident eintritt in eine Tradition des transatlantischen Miteinanders". Zugleich erinnerte Gauck daran, dass dieses Miteinander nicht nur auf gemeinsamen Interessen beruhe, sondern auch auf "universellen Werten".
Skepsis in Deutschland
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vor schwerer einzuschätzenden transatlantischen Beziehungen: "Ich will nichts schönreden, vieles wird schwierig", sagte Steinmeier. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach von einem "schweren Schock". Als Bündnispartner in der Nato wüssten die Europäer, "dass Donald Trump als Präsident fragen wird, was leistet ihr im Bündnis. Aber auch wir fragen, wie steht ihr zum Bündnis?" Sie glaube, dass Trump wisse, dass dies nicht eine Wahl war für ihn, sondern gegen Washington, gegen das Establishment ist.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses in Deutschland, Norbert Röttgen, führte das Ergebnis auf eine ökonomische Spaltung der USA zurück. Er fürchte um die internationale Zusammenarbeit, sagte er im Deutschlandfunk. Zum ersten Mal könne man nicht sagen, was der US-Präsident für eine Außenpolitik machen werde, sagte Röttgen.CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn empfahl auf Twitter Demut "statt selbstgerechter Betroffenheit". Man solle sich fragen, warum 50 Millionen Menschen so gewählt haben. "Warum sind wir davon so überrascht worden?" Seine Parteikollegin Kristina Schröder relativierte Trumps Wahlkampfäußerungen gegen Frauen und Minderheiten. "Wir müssen aufhören, Menschen niederzumachen, die keine extremen, aber politisch unkorrekte Positionen vertreten", twitterte sie.
"A fucking nightmare"
Grünen-Chef Cem Özdemir sprach von einem Schock". "Die, die uns die westlichen Werte gebracht haben, sind vom Glauben abgefallen", sagte er in der ARD. Meinungsfreiheit, Gewaltfreiheit und andere Werte würden jetzt geopfert. Die Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte in der ARD, Amerika habe nicht in erster Linie Trump gewählt, sondern den Wandel. Clinton habe für die Fortsetzung des alten Systems und für Korruption gestanden. Wenig diplomatisch äußerte der grüne Bundestagsabgeordnete Sven Kindler sein Entsetzen auf Twitter: "A fucking nightmare", schrieb er.
In der AfD war die Entscheidung für Trump erwartet worden, seine Wirkung wurde zugleich auch relativiert. "Der Sieg von Donald Trump ist ein Signal dafür, dass die Bürger in der westlichen Welt einen klaren Politikwechsel wollen", schrieb Bundesvize Beatrix von Storch auf Facebook. Die Bürger wünschten sich sichere Grenzen und "weniger Globalismus". Vieles von dem, was Trump im Wahlkampf sagte, sei kritisch zu sehen. Doch auch "wenn sich mit Trump ein vermeintlicher Outsider durchgesetzt hat, muss er erst beweisen, dass er wirklich einen Neuanfang für die USA will, insbesondere durch die versprochene außenpolitische Zurückhaltung".
zeit.de (9.11.2016)