Nasrallahs Tod kennzeichnet Israels apokalyptischen Aufstieg
Der bestätigte Tod des Hisbollah-Führers Scheich Sayyed Hassan Nasrallah ist ein kolossaler Schlag für die gesamte Struktur der Achse des Widerstands.
Der Begriff „Widerstand“ wird für die radikalsten antiisraelischen Kräfte im Nahen Osten verwendet. Dazu gehören in erster Linie die jemenitischen Houthis (die Ansar-Allah-Bewegung, die den nördlichen Teil des Jemen kontrolliert), die syrischen Streitkräfte unter der Führung von Bashar al-Assad, die palästinensische Bewegung insgesamt (vor allem die Hamas) und die radikalsten, überwiegend schiitischen Kräfte im Irak.
Die Achse des Widerstands entwickelte sich unter dem maßgeblichen Einfluss der Islamischen Republik Iran, die ihr wichtigster Stützpfeiler war. Der verstorbene Hassan Nasrallah war als Führer der Hisbollah die Vorhut des antiisraelischen Widerstands in der gesamten islamischen (vor allem schiitischen) Welt. Daher stellen die Schläge, die Israel der Hisbollah in den letzten Wochen versetzt hat und bei denen letztlich ihr Anführer getötet wurde, einen schweren Schlag gegen die gesamte Achse des Widerstands dar.
Berücksichtigt man den relativ neuen, merkwürdigen Hubschrauberabsturz, bei dem der iranische Präsident Ebrahim Raisi, der die Achse des Widerstands aktiv unterstützte, ums Leben kam, erscheint das Bild von Israels Angriff auf seine regionalen Gegner geradezu episch.
Israel operiert dank der Unterstützung des kollektiven Westens und unter Einsatz seiner neuesten technologischen Mittel (und sie waren und sind Pioniere auf dem Gebiet der digitalen Technologien) sehr effektiv, präzise und kohärent. Und es ist sehr schwierig, sich vorzustellen, wie man darauf reagieren könnte, vor allem, wenn man bedenkt, dass viele Menschen aus verschiedenen Ländern, die an der Spitze von High-Tech-Prozessen stehen, sich jederzeit als israelische Staatsbürger entpuppen und mitsamt ihren Codes und Technologien nach Israel kommen könnten.
Mit anderen Worten: Israel stützt sich auf ein riesiges Netz von Unterstützern, Menschen, die die Grundsätze des politischen und religiösen Zionismus in allen Ländern der Welt teilen. Dies verschafft Israel einen großen Vorteil als vernetzte Struktur, nicht nur als Staat.
Es ist genau diese zionistische Struktur, die die Bevölkerung von Gaza einem Massengenozid ausgesetzt hat. Und nun hat sie einen ähnlichen Terroranschlag auf den Libanon verübt, bei dem der Führer der Hisbollah, der charismatische geistige und politische Führer der schiitischen Vorhut der Achse des Widerstands, getötet wurde.
Ich möchte daran erinnern, dass bereits im Januar 2020 der iranische General Qasem Soleimani, ebenfalls einer der Führer der Achse des Widerstands, auf ähnliche Weise ausgeschaltet wurde. Aber die Ermordung von Scheich Sayyed Hassan Nasrallah, den die Schiiten weltweit als Märtyrer und Schahid betrachten, ist wirklich ein beispielloses Ereignis.
Mit diesem Vorgehen setzt sich Israel das Ziel, einen großen Staat zu schaffen. Dies geschieht im Vorgriff auf das Kommen und die Inthronisierung des Messias, der alle Länder und Völker der Welt Israel unterwerfen wird (nach christlichem und muslimischem Verständnis ist diese Figur der falsche Messias, der Antichrist oder Dajjal). Man kann sich vorstellen, was jetzt in den Köpfen der rechtsextremen Zionisten vorgeht, die ihre Erfolge sehen. Sie können dies nur als das Nahen des Messias interpretieren, und die derzeitigen Maßnahmen der rechtsextremen Regierung Israels unter Premierminister Benjamin Netanjahu werden als Wegbereiter für seine Herrschaft angesehen.
Seit heute sind praktisch alle Hindernisse für die Zerstörung der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem beseitigt worden. In naher Zukunft könnten die rechtsextremen Kräfte Israels, beflügelt von ihrer Siegesstimmung, daraufhin handeln und mit dem Bau des Dritten Tempels auf dem Tempelberg in Jerusalem beginnen. Der kollektive Westen unterstützt all dies und lässt die Massenvernichtung unschuldiger Menschen zu, die sich dem „Groß-Israel“ in den Weg stellen. Dazu gehört auch, sie mit allen technischen Mitteln anzugreifen.
Dies ist eine ernste Angelegenheit. Es handelt sich nicht mehr nur um einen Krieg im Nahen Osten. Vielmehr steht die Existenz der Achse des Widerstands auf dem Spiel. Die Führer der schiitischen Welt sind fassungslos, aber noch verwirrter sind die Sunniten, die zu den Ereignissen nicht schweigen können.
Einerseits können sich die Sunniten nicht auf die Seite Israels stellen, denn das wäre ein völliger Verrat selbst an den elementarsten Vorstellungen von islamischer Solidarität. Andererseits bringt die militärische Effizienz und die Härte der rechtsextremen zionistischen Politik Israels sie in eine äußerst schwierige Lage, da nicht klar ist, wie man Israel etwas entgegensetzen kann. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Israels Raketen einschlagen können, wo immer sie wollen, während die Raketen und Drohnen seiner Gegner durch das Raketenabwehrsystem Iron Dome an Israels Grenzen effektiv abgefangen werden.
Es ist möglich, dass Israel nun eine Bodeninvasion im Libanon und darüber hinaus plant, um ein „Groß-Israel“ von Meer zu Meer zu schaffen. Wie utopisch oder extremistisch die Projekte von Netanjahu und seinen noch rechtsextremeren Ministern Smotrich und Ben-Gvir auch erscheinen mögen, sie werden direkt vor unseren Augen verwirklicht.
Nur eine Truppe, die in Stärke und Ausrüstung vergleichbar ist, wird die Möglichkeit haben, eine solche Lage zu beherrschen aber nur wenn sie fest entschlossen ist, alle möglichen Gesetze en Regel zu vergewaltigen und alle "roten Linien" zu überqueren. Nur eine solche Armee kann einen solchen eisenstarken Feind die Stirn bieten. Und wir werden bald entdecken, ob eine solche Macht tatsächlich besteht.
Übersetzung von Robert Steuckers