Die Straße zur Knechtschaft ist mit intersektionalen Absichten gepflastert
Ich hab mich in mehreren Artikeln wie „Straße in die schöne neue Welt“ und „Feminismus: Wie eine Linke Ideologie zur Wegbereiterin des Neoliberalismus wurde“ schon am Rande mit dem Konzept der Intersektionalität beschäftigt und davor gewarnt. Wesley Yang stellte die Theorie auf, dass die Linksliberalen vor haben, das klassisch liberale Menschenbild, basierend auf gleichen Rechten und Pflichten durch ein intersektionales Menschenbild zu ersetzen. Aber was ist Intersektionalität? Woher kommt diese Idee und was macht sie so gefährlich?
Was ist Intersektionalität, was ist sie nicht und woher kommt sie?
Eines vorweg: Im Alltagssprachgebrauch der Linksliberalen wird oft die Taktik, dass man sich unterdrückte Minderheiten sucht und diese unter einem Banner vereinigt, um große politische „Manpower“ zu gewinnen, als intersektional beschrieben. Dieser Ansatz, der manchmal auch „Große Zelt“ - (Big Tent) - Strategie genannt wird[1], spielt tatsächlich in die Intersektionalität mit hinein. Im Kern ist dies aber eine deutlich ältere Idee, welche auf Herbert Marcuse zurück geht. [2] [3] Grob beschreibt diese Idee das Konzept, dass es in der Gesellschaft einen ideologischen Kern und ein Gefolge der Ideologie gibt, und je weiter Gruppen von diesem entfernt werden und je mehr sie davon ausgeschlossen werden, umso gefährlicher seien sie für das herrschende System. Sie werden marginalisiert, weil sie gefährlich sind. Und deshalb könnten diese Leute auch am Einfachsten dazu angestachelt werden, den Staat zu bekämpfen. Aus klassisch marxistischer Theorie bedeutet dieser Ansatz grob, das Lumpenproletariat zur revolutionären Avantgarde zu erklären, anstatt dem Proletariat diese Rolle zu überlassen.[4]
Der Unterschied zwischen beiden Ansätzen besteht einmal darin, dass Herbert Marcuse stellenweise an deutlich andere Zielgruppen dachte, als die heutigen Linksliberalen. Beispielsweise waren für Marcuse z.B. Motorradbanden legitime Ansprechpartner für solche Taktiken. Kein intersektionaler kam auf so eine Idee.
Dann will Marcuses Ansatz eher „Stunk“ und „Chaos“ säen und die Leute finden, die möglichst stark die herrschende Ordnung gefährden können, eben um die Ordnung zu stürzen. Ziel der Intersektionalen ist in der Regel aber nicht der Umsturz der Bestehenden, sondern die Integration der Marginalisierten ins System.[5] [6] Und Intersektionalität spricht auch Fragen an, die komplizierter sind als „hast du Probleme mit dem Staat?“.
Was ist aber nun Intersektionalität und wo kommt diese Idee her?
Die Intersektionalität war im Grunde genommen ursprünglich gar keine politische Idee, sondern eine anwaltliche Argumentation von Kimberle Crenshaw in 1989. [7] [8] [9]Diese vertrat ihre Mandantinnen gegen die Firma General Motors. General Motors argumentierte, dass sie nicht Schwarze diskriminieren würden, da bei ihnen schwarze Männer in der Produktion arbeiten würden, und dass sie auch nicht gegen Frauen diskriminieren würden, da im Kundendienst (weiße) Frauen arbeiteten. Kimberle Crenshaw argumentierte für ihre Mandantinnen dagegen und sagte, die Frage ob sie auch schwarze Frauen beschäftigen würden, sei bei dem Thema Diskriminierung sehr wichtig.
Das klingt auf den allerersten Blick sehr technokratisch, formalistisch etc. Und es stellt sich die Frage, wie weit man mit dieser Argumentation gehen kann. Läuft das irgendwann auf „Dieses Unternehmen ist schwer diskriminierend, weil keiner ihrer Mitarbeiter ein Nichtbinärer, pansexueller, veganer Aborigine Scientologe mit sexuellem Fetisch für Züge ist“ hinaus? Trotzdem muss man hier aber einschränkend sagen, dass so eine Denkweise bei Juristen normal ist und eigentlich schon immer war. Jeder Lizenzvertrag für Software ist ebenfalls lächerlich detailliert. (Siehe dazu meinen Text über die Ideologie der Menschenrechte.)
Nach Crenshaws juristischem Erfolg wurde die Idee der Intersektionalität erweitert und politisiert.[10] Dies lag auch daran, dass in feministischen Bewegungen sich Feministinnen zu Wort meldeten, die ursprünglich nicht aus westlichen Ländern stammten, und das zutreffende Problem ansprachen, dass westliche, weiße Feministinnen immer implizit den Westen und die Situation westlicher Frauen in den Mittelpunkt stellten und andere Meinungen von Frauen unterdrücken.
Da ist auch was dran. Ein bekanntes heutiges Beispiel ist das Thema des Kopftuchstreits. Gewisse westliche Feministinnen stellen das Kopftuch als Unterdrückung der Frau dar und tun so, als würden alle Frauen darunter massiv leiden. In Wahrheit ist es aber so, dass viele Musliminnen gerne Kopftuch tragen, weil sie es auch als Symbol gegen Kolonialisten sehen. Die Franzosen und Briten haben nämlich das Argument der Frauenrechte in Ländern wie Indien und in muslimischen Ländern benutzt, um ihre Kolonialherrschaft zu rechtfertigen. Nach dem Prinzip, „Wir helfen euren armen Frauen, weil wir Dinge wie Witwenverbrennung und Kopftuchzwang abschaffen.“. Deswegen wurde das Kopftuch dann zur Protestgeste gegen die Briten gemacht. Wegen so etwas wurde von Feministinnen das richtige Argument vorgebracht, dass wenn eine Gruppe ihre Situation universalistisch zum Standard erklärt, andere Gruppen zu kurz kommen und dies selbst zu einer Form der Unterdrückung wird.[11] Da ist eigentlich auch was dran.
Daraus wurde dann grob die Idee der Intersektionalität, dass man den Klassenkampf und andere große Narrative verwirft und den Menschen als Überkreuzung (Intersektion) verschiedener Unterdrückter/Unterdrücker und Täter/Opfer Beziehungen sieht. Diese Täter/Opfer Beziehungen werden durch Identitätsmerkmale wie Geschlecht, Herkunft, Behinderung etc. bestimmt.[12]
Die Linksliberalen wollen prinzipiell ein System erschaffen, das alle existierenden Kategorien abdeckt und einbindet. Niemand soll sich außerhalb des Systems befinden können und alle müssen integriert werden. (Dies bedeutet auch, es kann kein System neben dem linksliberalen Westen in deren Augen geben.)[13]
Ein Beispiel an dem man dieses Denken erkennen kann ist die Prideflagge, die eigentlich Symbol der Homosexuellenbewegung war, aber zum Symbol des Wokeismus wurde. An ihr fällt auf, dass das Symbol ständig umgestaltet und komplexer wird, weil man möglichst viele Kategorien einbinden will. (Selbst vielen Homosexuellen geht dies mittlerweile gegen den Strich, weil sie finden, dass das Symbol so seine optische Klarheit verliert. Man findet da mittlerweile sehr häufig Onlinediskussionen in denen sich Leute dahingehend zu Wort melden.)
Originale Regenbogenflagge
Progressive Pride Flag, wo man auch noch die Transflagge, ein Symbol für Intersexuelle, und die Farben Schwarz und Braun als Symbol für Afroamerikaner integrierte.
Vorschlag einer Pride Flag die außerdem noch Autisten integriert. Man beachte das man jetzt also bei einer Flagge ist, die zwei Regenbögen übereinander darstellt.
[1]Und auch das, was einige Neoreaktionäre unter dem Begriff „Bioleninismus“ verbuchen. (Beim Biolenininismus handelt es sich grob gesagt um die These, dass die Linksliberalen Leute, die biologisch auf Grund von Behinderung, Status etc. eigentlich allein nicht lebensfähig seien oder zumindest keine hohe Position in einer Gruppe erreichen könnten, absichtlich in eine zu hohe Position für sie hieven. Dies habe zur Folge, dass diese Leute darum wüssten, dass sie nur dank den Linksliberalen in diese hohe Stellung gekommen seien, und deshalb ihren linksliberalen Gönnern gegenüber extrem loyal wären. https://www.anomalyblog.co.uk/tag/bioleninism/ )
[2]Siehe folgendes Zitat von Herbert Marcuse:
"Unter der konservativen Volksbasis befindet sich jedoch das Substrat der Geächteten und Außenseiter: die Ausgebeuteten und Verfolgten anderer Rassen und anderer Farben, die Arbeitslosen und die Arbeitsunfähigen. Sie existieren außerhalb des demokratischen Prozesses; ihr Leben bedarf am unmittelbarsten und realsten der Abschaffung unerträglicher Verhältnisse und Institutionen. Damit ist ihre Opposition revolutionär, wenn auch nicht ihr Bewusstsein. Ihre Opposition trifft das System von außen und wird deshalb nicht durch das System abgelenkt; sie ist eine elementare Kraft, die die Regeln des Spiels verletzt und es als aufgetakeltes Spiel enthüllt.“
Und man vergleiche diese Aussage von Marcuse mit folgender Aussage aus Kapitel 8 von Limonovs „Das andere Russland“:
" the most revolutionary type of individual is the misfit: a strange, unorganized person living on society’s margin, a talented pervert, fanatic, psychopath, unlucky fellow. One should not think that there are too few of those for a revolutionary party. There are hundreds of thousands of marginal persons if not millions. This is a whole social group. A part of misfits fills the ranks of the criminal word. The best have to be with us."
"The party believed that the proletariat is the crown of creation when it was just a pretext for the seizure of power by the best – the misfits, psychos, outcasts."
"One should have tracked in workshops of bohemia, in prisons, in asylums – strange individuals – that’s what should have been done. Possessed, composing poetry, talking in sleep on unknown languages. One should have taken in the 70s in the Central Committee Vladimir Bukovski, Natan Sharansky, Eduard Kuznetsov and Volodia Gershuni! "
[4]Ein sehr gutes Beispiel warum dieser Ansatz nicht gleichzusetzen ist, mit dem Intersektionalen Ansatz, ist die Tatsache, dass Eduard Limonov genau diesen Ansatz in vielen seiner Büchern wie „das andere Russland“ explizit empfahl und vorlebte. (Und dabei sowohl mit Kleinkriminellen und Punks, als auch mit Bürgerwehren, Religiösen Aussteigern und Anderen redete.) Aber Limonov hat nie etwas über Kimberle Crenshaw und die Intersektionalität dabei erwähnt.
[5]Hier in dem Zusammenhang ist Dugins Kapitel „Das Geschlecht in der vierten politischen Theorie“ sehr aufschlussreich. Dugin beschreibt darin, dass die Liberalen den „Rationalen Geschäftsmann, der viel Geld verdienen will“ als Normal definierten und alles Andere wie Geisteskranke, Kinder, andere Völker etc. aber auch Frauen implizit zum „Abnormalen Ausnahmefall“ erklärten, der deshalb schlechter sei, weil er kein „Rationaler Geschäftsmann“ sein kann. Laut Dugin haben die Liberalen am Ende zwar eher auf Integration anstatt auf Abgrenzung und Bekehrung gesetzt, aber diese Dichotomie von wegen „ein Rationaler Geschäftsmann ist besser als alles Andere was man sein kann“, sei so behalten worden, damit man den anderen Gruppen jetzt quasi helfen wollte, ein Leben eines rationalen Geschäftsmannes zu führen. Bestes Beispiel hier ist das Thema Frauen und Feminismus. Laut Dugins Überlegung hat der liberale Feminismus nie darauf hingearbeitet, der Frau als Solcher mehr Achtung zu verleihen. Stattdessen sei der liberale Feminismus darauf hinaus gelaufen, dass man, weil man das Leben als (Geschäfts-)Mann besser sah, den Frauen erlaubte, wie ein Mann zu leben.
Ein großer Teil der intersektionalen Antidiskriminerungsmaßnahmen sind genau wegen diesem Prinzip im Kern eigentlich Normalisierungsmaßnahmen in anderer Form. Beispielsweise die Forderung, Behinderte sollten auf Regelschulen gehen. Warum nicht da hin, wo diese sich am Besten entfalten können? Das müssen ja keine Sonderschulen im deutschen Sinne sein. Erwachsene mit einer spezifischen Behinderung könnten doch z.B. , weil sie ihre Behinderung und die daraus resultierenden Bedürfnisse und Komplikationen am Besten kennen, die ihrer Meinung nach beste Schule für Kinder mit dieser Behinderung bauen wollen. Warum geht das nicht und warum will man Kinder an die Regelschule schicken? Weil es als normal gilt, auf eine Regelschule zu gehen.
[6]Hier ist auch anzumerken, dass der Gestaltpsychologe Paul Goodman richtig erkannte, dass z.B. wenn der Staat anfängt, Schwule etc. massiv zu unterstützen, diese offensichtlich keine Revolutionäre Klasse gegen diesen Staat mehr sein können (denn wenn diese ein solches Potenzial hätten, würde der Staat sie bekämpfen). Sie wurden stattdessen zum Machtmittel gegen wirklich unterdrückte Gruppen mit revolutionärem Potenzial.
[10]Dabei entstanden auch Überkreuzungen mit anderen linken Theorien wie derStandpunkttheorie. (Grob gesagt handelt es sich dabei um die Idee, dass jemand aus einer marginalisierten Gruppe mehr Ahnung von Rassismus etc. hat, als jemand aus einer privilegierten Gruppe. Dies führt in missbräuchlicher Form zu Diskussionen nach dem Prinzip „Halte den Mund, du bist ein weißer Mann“.)
[12]Einige Leute wie der Youtuber „Selektive Empörung“ meinen, dass sich die spätere, politisierte Intersektionalität stark vom ursprünglichen Konzept unterscheidet.
[13]Der russisch-orthodoxe Symbolanalytiker Johnathan Pageau stellte eine interessante Theorie auf, die besagt, dass das Verlangen, alles Weltliche in ein System einzubinden, sodass nichts mehr raus kann, eigentlich der Kern der Symbolik der 666 ist: The Apple CEO, 666, and The Garden of Eden (youtube.com) , The Surprising Symbolism of 666 (youtube.com)
Hier sei auch ganz kurz angemerkt, dass im Christentum die 6 für die materielle Welt steht. (Die 7 steht wiederum steht unter Anderem für den Anfang der initiatorischen Überwindung des Weltlichen und 8 für das rein göttliche, was unbefleckt vom materiellen Schmutz ist.)