Das Big Business steht hinter Hillary Clinton
Normalerweise unterstützt die US-Wirtschaft mehrheitlich die Republikaner. Doch 2016 ist das anders. Hillary Clinton ist die Favoritin für Wall Street und Silicon Valley. Das hat auch Nachteile.
Steuern senken und sparen, das ist seit Jahrzehnten das bewährte Programm der Republikaner. Darauf war Verlass und das machte die Grand Old Party attraktiv für Firmen und Superreiche – egal wie absurd die restlichen politischen Ideen der Partei gewesen sein mögen.
2016 scheint aber Hillary Clinton als Favoritin der Wirtschaft auserkoren. Viele Wirtschaftsbosse empfehlen die nun offizielle Kandidatin der Demokraten explizit zur Wahl (siehe Bildergalerie). Für die Kandidatin ist die Unterstützung indes zwiespältig: Zwar konnte sie in den Vorwahlen von allen Aspiranten auf die Präsidentschaft am meisten Geld einsammeln. Doch in den Augen ihrer Wähler macht die Nähe zur Wall Street Clinton auch unglaubwürdig.
Nicht nur Demokraten
Ende Juni empfahlen 50 ehemalige und heutige Führungskräfte von Konzernen wie Delta Airlines, DuPont und Netflix Clinton offiziell zur Wahl. Die Firmen bilden einen Querschnitt der amerikanischen Wirtschaft – vom Industriegiganten General Motors, bis zu den Internetriesen Facebook und Airbnb.
Als ehemaliger Soldat der Navy habe er sein Leben lang immer die Republikaner gewählt, so Dan Akerson gemäss der Zeitung «USA Today». Doch dieses Mal unterstützt der ehemalige Chef von General Motors Clinton: «Als Anführer der freien Welt braucht man Führungsqualität, gesundes Urteilsvermögen, eine ruhige Hand und vor allem den geeigneten Charakter, dass man richtig mit Krisen umgehen kann».
Donald Trump stoppen
Auch im Silicon Valley geht die Angst vor einem Präsidenten Donald Trump um. «Trump würde vieles von dem zerstören, was heute an Amerika grossartig ist», so Reed Hastings, der Chef und Mitgründer von Netflix. «Es ist wichtig, dass Trump klar verliert, um seine Ideen zurückzuweisen.»
Nicht auf der Liste der offiziellen Unterstützer sind bisher Bill Gates und Mark Zuckerberg. Beobachter erwarten aber, dass auch sie Clinton zur Wahl empfehlen werden. Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg hat sich dagegen bereits zu Clinton bekannt. Und vor der Rede von Facebook-Verwaltungsratsmitglied Peter Thiel am Parteitag der Republikaner erklärte der Konzern den Auftritt vorsorglich als «rein persönlich».
Warren Buffett und George Soros
Hilfe bekommt Clinton auch aus der Investorenszene. Berkshire-Hathaway-Chef Warren Buffett ist für die Demokratin, ebenso wie George Soros, der sogar zu den grössten Geldgebern ihrer Kampagne gehört. Problematischer als die Unterstützung der zwei Multimilliardäre ist für Clinton aber ihre vermeintliche Nähe zu den Grossbanken.
Die Wall Street habe Hillary Clinton zur Millionärin gemacht, berichtete der Nachrichtensender CNN im letzten Oktober. Alleine 2013 hat die Kandidatin nach Angaben ihres Teams 3,15 Millionen Dollar für Reden bei Morgan Stanley, Goldman Sachs, Deutsche Bank und UBS erhalten. Und Marc Mezvinsky, der Mann von Tochter Chelsea Clinton war selbst acht Jahre lang Investmentbanker bei Goldman Sachs.
Glaubwürdigkeit hat gelitten
Für die linke Basis der Demokraten sind solche Verbindungen suspekt. «Ein korruptes System wird nicht geändert, indem man dessen Geld nimmt», so Bernie Sanders im Vorwahlkampf. Die starke Unterstützung aus dem Finanzsektor untergrabe die Glaubwürdigkeit der Kandidatin, ergänzte die «New York Times».
Rhetorisch ist Clinton im Wettstreit mit Bernie Sanders immer weiter nach links gerückt. Sie sei bereit grosse Banken aufzuspalten, wenn es sein müsse, sagte die Kandidatin, als sie wegen ihrer Nähe zur Wall Street kritisiert wurde. Dass Clinton aber gleichzeitig die 9/11-Keule auspackte um ihren früheren Einsatz für die Banken und die Börse zu verteidigen, kam bei vielen Wählern nicht gut an.
«Wir müssen Hillary Clinton wählen»
Zwar versucht sich Clinton inzwischen stärker abzugrenzen. Das ändert aber nichts daran, dass ihre Karriere von Banken mitgetragen wurde. Laut der Datenbank Opensecrets des Center for Responsive Politics gehören Citigroup, JP Morgan, Goldman Sachs, Morgan Stanley und die Bank of America zu den 20 grössten Sponsoren ihrer langen politischen Laufbahn.
In der Liste der sogenannten Endorsements mögen Vertreter der Banken bislang weitgehend fehlen. Woher Clinton kommt, ist indes klar. Dass die Linken deshalb im November zuhause bleiben oder gar Trump die Stimme geben, ist dennoch wenig wahrscheinlich: «Hillary Clinton muss die nächste Präsidentin der USA werden», so der ehemalige Rivale Bernie Sanders am Parteitag. Ein Präsident Trump wäre für das Land eine Katastrophe, glaubt Sanders und mit ihm Millionen Amerikaner mit ganz unterschiedlichen politischen Ansichten.
Handelszeitung/Schweiz (27.7.2016)