Umfrage: Deutsche wollen normales Verhältnis zu Russland
Zwei Drittel der Deutschen (64 Prozent) haben laut einer am Mittwoch veröffentlichten forsa-Umfrage für das Magazin „stern“ keine Angst, dass es zu einem Krieg mit Russland kommen könnte. Nur ein Drittel der Deutschen hält es einer Umfrage zufolge für möglich, dass es einen militärischen Konflikt mit Russland gibt, berichtet Reuters.
Die fortgesetzte negative Beurteilung Russlands durch die deutsche Politik und ihre entsprechende Rezeption in einschlägigen TV-Sendern ist demnach nicht wirklich effektiv gewesen: Denn die Deutschen sehen in Russland mit überwältigender Mehrheit keinen Aggressor – wie auch dieselben Befragten offenkundig davon ausgehen, dass die Nato kein Interesse an einem ersten Schritt zu einem Krieg hat.
Diese Einschätzung deckt sich mit der Aussage eines Putin-Vertrauten, der einen heißen Krieg zwischen den USA und Russland für unwahrscheinlich hält.
Dass die öffentliche Zuspitzung nicht spurlos am Verhältnis zu Russland vorübergegangen ist, erstaunt nicht: Nur sechs Prozent der Befragten schätzen das Verhältnis zwischen Russland und der EU im Moment als gut ein. 41 Prozent halten es für schlecht, 51 Prozent für weniger gut. Noch kritischer wird das Verhältnis zwischen den beiden Atommächten Russland und USA gesehen.
84 Prozent der Bundesbürger wollen, dass Angela Merkel den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht ausgrenzt, sondern mit ihm spricht. Vergangene Woche hatten Merkel Putin im Kanzleramt empfangen. Besonders die Anhänger der Grünen (95 Prozent) und der Linken (92 Prozent) fanden dies richtig. 87 Prozent der AfD-Wähler fanden das richtig. Im Parteiprogramm der AfD findet sich ein klares Bekenntnis zur Nato, es gibt in der Partei aber auch eine Fraktion, die sich ostentativ für ein gutes Verhältnis zu Russland einsetzt.
Interessant in diesem Zusammenhang: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der als Exponent des fortgesetzten Dialogs mit Russland gesehen wird, hat in Umfragen bessere Werte als Merkel und als einziger die Chance, Merkel als Bundeskanzlerin abzulösen.
Das Gespräch verlief allerdings eher frostig – zumindest, was die öffentlichen Statements betrifft. Allerdings erwies sich vor allem der aggressive Ton von Francois Hollande als reines Gehabe – beim EU-Gipfel spielte der auslaufende französische Präsident keine Rolle mehr.
Interessant: Nur 14 Prozent der Befragten teilen die Einschätzung der US-Geheimdienste, dass Gespräche mit Putin sinnlos sind. Hier müssen die Dienste also noch Überzeugungsarbeit leisten. Zuletzt hatte die CIA angekündigt, verdeckte Angriffe gegen Syrien starten zu wollen. US-Vizepräsident Joe Biden hatte eine „bloßstellende Botschaft“ an Putin versprochen.
Für die Umfrage interviewte Forsa am 20. und 21. Oktober 1001 Bundesbürger.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten (26.10.2016)