Gipfeltreffen, Genozid und Gay-Lobby

20.04.2015

Geopolitische Entwicklungen:
Der G7-Gipfel in Lübeck hat ohne russische Beteiligung stattgefunden. Rußlands Außenminister Sergej Lawrow wurde nicht zum Treffen der Spitzendiplomaten eingeladen. Der Ausschluß ist die „Strafe“ des Westens für die Vereinigung der Krim-Halbinsel mit der Russischen Föderation im März 2014. Während etablierte deutsche Politiker und die Journalisten die Abwesenheit einer russischen Delegation auf dem G7-Gipfel als großen Erfolg feiern, werden zunehmend auch kritische Stimmen in Berlin laut. Denn klar ist: Europa braucht eine Kooperation mit Rußland in allen wichtigen geopolitischen Fragen wie der Eindämmung des internationalen Terrorismus, Bekämpfung speziell der islamistischen Terrorgruppen wie dem „Islamischen Staat“ und eine verläßliche Friedensordnung in der Ukraine sind ohne Moskau nicht zu realisieren. Auch der deutschen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, daß man Rußland auf keinen Fall isolieren dürfe. Die Teilnahme Russlands sei äußerst wichtig bei der Lösung mehrerer internationaler Probleme. Rußlands Ausschluß vom Gipfeltreffen der führenden Industrienationen erfolgte am 25. März 2014 vor allem auf Betreiben der USA hin. US-Präsident Barack Obama hat damals erklärt: „Wir sind einig darin, daß Rußland für sein bisheriges Handeln bezahlen muß.“ Der russische Außenminister Lawrow reagierte daraufhin gelassen: „Wenn unsere westlichen Partner glauben, daß sich die G8 überlebt hat, werden wir uns nicht daran klammern. Wir sehen kein großes Problem, wenn sich die G8 nicht versammelt - man kann mal ein oder eineinhalb Jahre warten und schauen, wie man ohne dieses Format auskommt.“ Lawrow betonte: „Die G8 ist ein informeller Club, da gibt es keine Mitgliedsausweise, da kann keiner jemanden herauswerfen.“

Innenpolitik:
Am 24. April jährt sich zum 100. Male der Völkermord an den Armeniern. In Deutschland scheut sich die etablierte Politik, den Armenier-Genozid als Genozid zu bezeichnen. Vor allem liberale und linke Politiker wie der frühere Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), weisen stattdessen immer wieder auf die historische „deutsche Schuld“ hin. Das Deutsche Reich war während des Ersten Weltkrieges der wichtigste und engste Verbündete des Osmanischen Reiches. Der Hauptgrund für das deutsche Zögern in dieser Frage ist die Präsenz von über drei Millionen Türken in der Bundesrepublik Deutschland. Die Parteien im Bundestag sehen in der türkischen Gemeinde das Wählerreservoir der Zukunft. In mehrheitlich türkisch bewohnten Stadtvierteln machen verschiedene etablierte Parteien Wahlwerbung in türkischer Sprache. Demgegenüber leben nur etwa 40.000 Armenier in Deutschland. Führende deutsche Politiker betätigen sich daher als „Türkei-Lobbyisten“, darunter auch der Christdemokrat Ruprecht Polenz. Im Gegensatz dazu nennt der AfD-Politiker Björn Höcke die Dinge beim Namen: „Die Bundesregierung scheut aus falscher Rücksichtnahme auf die Türkei diese Bezeichnung. Auch im Bundestag strichen CDU und SPD in einem aktuellen Antrag zum Jahrestag den Begriff Völkermord. Das Einknicken vor der türkischen Regierung, die bis heute diesen Teil der Geschichte ihres Landes leugnet, ist beschämend und macht die Bundesregierung unglaubwürdig. Unsere Werte werden aus taktischen Erwägungen und mangelnder Courage über Bord geworfen, die Opfer und ihre Hinterbliebenen verraten.“

Religion:
Der deutsche öffentlich-rechtliche Sender ARD strahlte eine Folge der Serie „Um Himmels Willen“ aus, die für erheblichen Protest unter Christen in Deutschland sorgte. Darin geht es um einen homosexuellen evangelischen Pfarrer und seinen Lebensgefährten, den Organisten in der Gemeinde. Ein fiktiver katholische „Bischof“ verteidigt in dem Film gleichgeschlechtliche Beziehungen. Er argumentiert, daß die evangelische Kirche liberaler sei als seine eigene. Für viele Christen war das zuviel: Der Pressesprecher der Christus-Bewegung Baden, Pfarrer Martin Kugele, fragte auf seiner Facebook-Seite, „für wie blöd die ARD die Zuschauer hält“. Jeder könne merken, „was ihm propagandistisch untergejubelt werden soll“. Ein anderer Zuschauer fragt, „ob nur noch irgendwelche Lobbygruppen die Drehbücher liefern“.

Familie und Bioethik:
Für mediales Aufsehen sorgt derzeit der baden-württembergische CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahlen 2016, Guido Wolf. Er stellte mehrmals in Interviews klar, daß er ein Adoptionsrecht für Homosexuelle kategorisch ablehne. „Daraus und vom Wohl des Kindes her gedacht kann ich mir ein Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare nicht vorstellen“, so Wolf. Kritik hagelt es vor allem von den Grünen und der SPD. Baden-Württembergs Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand: „Die Aussagen Guido Wolfs zeigen wieder einmal deutlich: Guido Wolf steckt tief in der Vergangenheit fest und hat den Sprung ins 21. Jahrhundert nicht geschafft. Wer ist dieser Mann, daß er sich anmaßt, darüber zu urteilen, was eine gute und was eine schlechte Familie ist?“ Auch SPD-Generalsekretärin Katja Mast startete einen Angriff auf den CDU-Politiker: „Wolf zeigt auch in dieser Frage sein wahres Gesicht: Er ist ein erzkonservativer Knochen ohne Herz für die moderne Gesellschaft.“ Dabei verteidigt Guido Wolf lediglich die derzeitige Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland. Demnach steht gleichgeschlechtlichen Paaren seit 2005 die Stiefkindadoption offen, so daß Kinder rechtlich zwei Eltern desselben Geschlechts bekommen können, aber die gemeinsame Annahme von Kindern ist gleichgeschlechtlichen Paaren (Lebenspartnern) rechtlich nicht möglich.